Appell fordert: Gnade statt Rache für Rupp

Appell fordert: Gnade statt Rache für Rupp

von Rainer Rupp

erschienen am 27.03.2024 in der Jungen Welt

40 Prominente unterstützen in Schreiben an Bundespräsidenten Freilassungsgesuch des DDR-Spions

Von Tilo Gräser

Rainer Rupp muß aus dem Knast raus!« forderte am Donnerstag in Berlin der stellvertretende PDS- Bundesvorsitzende Wolfgang Gehrcke. Er stellte auf einer Pressekonferenz seinen Appell vom 18. März an Bundespräsident Roman Herzog vor, den zu zwölf Jahren Haft verurteilten einstigen DDR-Topspion in der Nato- Zentrale Rupp alias »Topas« zu begnadigen. Er wird von mehr als 40 Persönlichkeiten als Mitunterzeichner unterstützt, unter anderem von der Publizistin Marion Gräfin Dönhoff, der Schauspielerin Ursula Karruseit, der Juso-Vorsitzenden Andrea Nahles, dem Staatsrechtler Helmut Ridder, dem Publizisten Günter Gaus und dem SPD-Politiker Egon Bahr. Sie hätten unterschrieben, weil es sich um ein humanitäres Problem handele, erklärte Gehrcke, der die anderen angeschrieben hatte. Dabei habe sein Parteiamt keine Rolle gespielt. Einige, wie der Bürgerrechtler Wolfgang Ullmann, hätten nicht unterzeichnet, aber das Anliegen durch eigene Aktivitäten unterstützt. Ullmann habe den Appell sogar als zu wenig politisch kritisiert, berichtete Gehrcke.

In dem Schreiben an Herzog wird darauf hingewiesen, daß mit dem Ende der DDR »kein zwingender Strafzweck« mehr gegeben sei. Durch die deutsche Einheit sei klar, daß Rupp nicht mehr spionieren würde, betonte Gehrcke am Donnerstag. Der Bundespräsident wird in dem Appell an Rupps Gnadengesuch von Dezember 1997 erinnert. Es gehe Rupp dabei vor allem um die Sorge um seine Familie. Gebe es die DDR noch, wäre der Ex-Spion sicher längst ausgetauscht worden und müßte nicht im Gefängnis sitzen, ist sich der PDS-Vize sicher. Für Gehrcke ist die gegenseitige Spionage von DDR und BRD ein Problem, das durch den Einigungsvertrag hätte geklärt werden müssen. 1990 habe selbst der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) eingestanden, daß solche »teilungsbedingte Straftaten« nicht verfolgt werden dürften. PDS-Vize Gehrcke gestand neben dem persönlichen Interesse, seinen Briefpartner Rupp aus dem Gefängnis zu holen, auch ein politisches ein. Eine Begnadigung durch Herzog könne ein Zeichen »für Verständigung und Versöhnung in Deutschland« sein, erklärte der einstige DKP- Aktivist. Eine generelle Klärung für alle Ex-Agenten der DDR – mehr als 6500 Ermittlungsverfahren und 320 Verurteilungen gab es bisher – wäre nötig. Die sei aber nur durch ein Amnestiegesetz des Bundestages möglich. Das käme, wenn überhaupt, erst nach der nächsten Wahl. Neben Gehrcke machte der Rechtsanwalt Robin Sirca auf die Haftbedingungen des 1994 verurteilten Rupp aufmerksam. Die seien erst im vergangenem Jahr entschärft worden. Im Gegensatz zu anderen inhaftierten DDR-Agenten gebe es keinerlei Lockerungen. Sogar Bayern sei liberaler als das von dem Sozialdemokraten Oskar Lafontaine regierte Saarland, wo Rupp einsitzt, wunderte sich der PDS-Vize. Mit einer Antwort des Bundespräsidenten auf den Appell rechnet er im Sommer.