Baerbockisierung der US-Außenpolitik: Blinki fliegt nach China – Wenn ein Narr nach China geht
von Rainer Rupp
erschienen am 30. März und 3. Mai 2024 auf RT deutsch
Angesichts der Widersprüche der US-Außenpolitik, vor allem gegenüber China, fühlt man sich ungewollt an Annalena erinnert. Jedes Mal, wenn sie ihren US-Amtskollegen Blinken trifft, strahlen die beiden übers ganze Gesicht. Steht Blinken womöglich unter ihrem Bann? Wird die US-Außenpolitik baerbockisiert?
Aktuell ist es schwer, in den einflussreicheren Ländern der Welt jemanden an der Spitze der nationalen Außenpolitik zu finden, der es mit Annalena Baerbock aufnehmen kann. Allerdings liegen die US-Amerikaner mit ihrem Außenminister Antony Blinken nicht weit hinter Annalena, denn in den USA gilt in der Politik – ebenso wie bei uns – das Prinzip der Negativ-Auslese für politische Top-Positionen. Nur die Dümmsten und Biegsamsten kommen nach oben. Das hat Blinki, wie er von seinen Bewunderern liebevoll genannt wird, mit seinem jüngsten Besuch in China vor dem Hintergrund einer krisenhaften Zuspitzung zwischen den beiden Supermächten erneut unter Beweis gestellt.
Allerdings kann man Blinki keinen persönlichen Vorwurf machen. Er kann nicht anders, er ist ein Kind seiner Zeit und vor allem ein Produkt seines Umfeldes, das aus knallharten neo-konservativen Kriegstreibern besteht, die fest daran glauben, dass die USA immer noch die unverzichtbare Nation sind. Eine Nation, die je nach Lage die “liberalen” Regeln ändert, welche die anderen zu befolgen haben. Das Problem dieser Leute ist, dass dieser Zug für die USA und ihre Vasallen längst abgefahren ist. Daran ändert sich nichts, egal wie sehr sie sich auch weigern, der Realität ins Auge zu blicken.
Nun zu dem armen Blinki, der von Beginn seiner Amtszeit an einfach kein Glück mit den Chinesen hatte, die sich starrköpfig weigerten, von den Herren des Universums in Washington als Befehlsempfänger und/oder als dumme Barbaren aus einem Entwicklungsland behandelt zu werden. Blinkis Arroganz und sein völliger Mangel an diplomatischen Fähigkeiten zeigten sich im März 2021 während des chinesisch-amerikanischen Gipfels in Seattle, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Washington. Damals hatten die amerikanischen Gastgeber – absichtlich(?) – alle etablierten diplomatischen Protokolle und Gepflogenheiten missachtet. Darüber hinaus hatte Blinki die fantastische Idee, den Gipfel mit ungerechtfertigten Anschuldigungen gegen die chinesischen Gäste zu eröffnen. In einer Retourkutsche tadelte damals der Leiter der chinesischen Delegation, Yang Jiechi, den hochnäsigen und provokativen Empfang durch die sich als Herren des Universums betrachtenden Amerikaner und erinnerte Blinki daran, dass “die USA nicht dazu qualifiziert sind, aus einer Position der Stärke heraus mit China zu sprechen.”
Damals hatten Beobachter der zunehmend aggressiven US-Haltung gegen China gehofft, die US-Eliten hätten sich die Lektion von Seattle zu Herzen genommen. Aber bereits bei der Vorbereitung seines jüngsten bzw. zweiten Besuchs in China machte Blinki klar, dass er nichts dazugelernt hatte, vor allem nicht, wie man mit China spricht.
Bereits vor seiner Abreise hatte Blinki in zwei Interviews mit US-Medien angekündigt, dass er China mit einem Ultimatum drohen würde: Entweder Peking stelle den Handel mit Russland ein oder China werde sanktioniert. Zugleich hatte Washington das “Ein-China Abkommen” mit Peking von 1972 erneut gebrochen. Dieses sieht unter anderem vor, keine Waffensysteme an die nicht souveräne, zur Volksrepublik China gehörende Provinz Taiwan zu liefern. Mit der letzte Woche angekündigten Lieferung von weiteren US-Raketen und anderen modernen Waffen an Taiwan im Wert von 8 Milliarden US Dollar hat Washington Peking erneut provoziert und unverhohlen seine Verachtung gegenüber China gezeigt. In dem Kommuniqué von Shanghai von 1972 hatten die Vereinigten Staaten dagegen erstmals anerkannt, dass “es nur ein China gibt und Taiwan Teil Chinas ist.”
Es ist interessant zu sehen, wie die Chinesen mit diplomatischem Protokoll zeigen können, wie sehr sie ihre Besucher schätzen. Als Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich zu einem Besuch nach China kam, wurde er am Flughafen vom stellvertretenden Bürgermeister von Peking empfangen. Und jetzt kam Blinki nach China. Es gab keinen roten Teppich bei seiner Ankunft und es war ziemlich offensichtlich, was die Chinesen von ihm hielten: Am Flughafen von Shanghai wurde er von einer Person empfangen, die in der offiziellen Hierarchie Chinas noch weit unten dem Status des stellvertretenden Bürgermeister Pekings steht, der Scholz empfangen hatte. Und anders als sonst berichtete keine einzige große chinesische Zeitung auf ihrer Titelseite von der Ankunft des US-Außenministers am Mittwoch vergangener Woche in Shanghai zu einem dreitägigen Aufenthalt.
Blinkis Besuch fand zu einer Zeit erhöhter Spannungen zwischen Peking und Washington statt. Denn an Washingtons erklärtem Ziel, die technologische und wirtschaftliche Entwicklung Chinas zu bremsen, hat sich nichts geändert. Das um seine Hegemonie fürchtende Establishment in Washington hatte bereits unter Trumps Präsidentschaft begonnen, eine Reihe von gezielten Wirtschaftssanktionen gegen China zu verhängen. Entgegen Bidens Wahlkampfversprechungen 2020, die Beziehungen zu Peking wieder zu normalisieren, wurden die Anti-China-Sanktionen unter Präsident Biden noch erheblich verschärft und auf weitere Wirtschaftsbereiche ausgeweitet. Zugleich wurde von US-Seite die politisch-militärische Rhetorik im US-Kongress und in den Medien stetig aggressiver und provokativer.
Für eine kurze Zeit sah es im Herbst letzten Jahres jedoch so aus, als ob es bei der Begegnung von US-Präsidenten Biden und Präsident Xi auf dem 30. Asien-Pazifik-Wirtschaftskooperationsgipfel am 10. November 2023 in San Francisco eine Aufhellung der Beziehungen gäbe. Aber der Schein trog. Das militärisch-politische US-Establishment ist inzwischen entschlossen auf Kriegskurs gegen China eingeschwenkt, zuerst auf Wirtschaftskrieg, um dann das geschwächte Peking mit einem heißen Krieg in die Knie zu zwingen. Zugleich setzen diese Kräfte in Washington alles daran, die US-Vasallen in Europa und Asien auf ihren anti-chinesischen Kriegskurs einzuschwören, was ihnen bei den EU-Eliten offensichtlich gelingt. Denn ebenso wie Washington sehen auch die EU-Eliten und die Kräfte, die hinter ihnen stehen, in China eine “Bedrohung” ihrer lukrativen westlichen neo-kolonialen Ausbeuter- und Willkür-Politik im Globalen Süden.
Die West-Eliten rechtfertigen ihre Anti-China-Propaganda mit der Losung “liberale Demokratie gegen Autokratie”, was natürlich völliger Irrsinn ist, denn es sind die EU-Eliten selbst, die autoritär regieren. Sie sind nicht demokratisch gewählt! Stattdessen sind sie das Produkt politischen Geschachers in Hinterstübchen (siehe z.B. Frau von der Leyen und Co.). Damit fehlt diesen angeblichen Spitzenpolitikern der EU jegliche demokratische Legitimität. Und trotzdem diktieren diese EU-Eliten – frei von jeder demokratischen Kontrolle – die Politik und Entwicklung der EU-Mitgliedsländer in immer weiteren Bereichen. In Deutschland gibt es nur eine Partei, die diesen Irrsinn stoppen und zurückdrehen will, damit wichtige Entscheidungen wieder unter die Kontrolle der nationalen Parlamente gebracht werden. Aber solche Zielsetzungen werden von dem herrschenden Klüngel aus korrupten, globalistischen Egomanen in Medien und Politik als “rechtsextrem” diffamiert.
Derweil biedert sich die EU-Kommission nicht nur in Sachen Ukraine dem Hegemon in Washington weiterhin bedingungslos an, sondern auch in Bezug auf dessen Anti-China-Politik. Dies wurde deutlich, als am Dienstag letzte Woche Polizisten in Polen und Dänemark im Auftrag der EU-Kommission frühmorgens überfallartig Razzien in den Büros der europaweit vertretenen chinesischen Handelsorganisation durchführten. Angeblich waren sie auf der Suche nach Beweisen für staatliche Export-Subventionen, wofür sie Dokumente und Computer beschlagnahmten. Wahrscheinlich sollten die Polizei-Razzien rechtzeitig vor Blinkis Ankunft in Peking signalisieren, dass die EU hinter Washington steht.
Blinkis Trip nach China fiel in eine Zeit, in der die Regierung Biden mit Blinkis tatkräftiger Hilfe wichtige Schritte unternommen hat, um China weiter zu provozieren. Zuerst wäre da das bereits erwähnte Milliarden Dollar schwere US-Militärhilfepaket für Taiwan. Dann kommt Bidens Dekret zur Rechtfertigung des US-Diebstahls der in den Vereinigten Staaten populären chinesischen Internet-Plattform TikTok. Angeblichen zum Schutz der Nationalen Sicherheit der USA stellt die Biden-Regierung den TikTok-Eignern das Ultimatum: entweder Zwangsverkauf an US-Investoren oder Verbot von TikTok in den USA.
Zugleich hat Washington seine Arbeit zur Destabilisierung des regionalen Umfelds von China verstärkt. Auf einem “historischen trilateralen Gipfel” drängten die USA die japanische und die philippinische Regierung zu einer formellen militärischen Zusammenarbeit, natürlich gegen China. Zugleich wurde bekannt, dass das Pentagon Gespräche führt, um nuklearfähige US-Mittelstreckenraketen auf den Philippinen zu stationieren, die in kurzer Zeit China erreichen könnten; ein Schritt mit unmissverständlichen Auswirkungen auf China und die ganze Region.
Dies hat der Australier Warwick Powell, Professor an der Queensland University of Technology, vor wenigen Tagen in einem sehr lesenswerten Artikel auf den Punkt gebracht. Unter dem Titel “Wachsende Instabilität in Asien durch Amerikas Streben nach Abschreckung und Vorrangstellung” schreibt er:
“Das Streben nach amerikanischer Vormachtstellung im Namen der Abschreckungsdoktrin verschärft in Wirklichkeit die regionalen Unsicherheiten und erhöht die Konfliktrisiken.”
Im Klartext heißt das: Das Streben nach amerikanischer Vormachtstellung in Asien ist das exakte Gegenteil von Stabilität und Frieden in der Region. Wenn die USA und ihre Verbündeten in der Region ernsthaft an Stabilität und Frieden in der Region interessiert wären, würden sie ihre auf der Abschreckungsdoktrin basierende Strategie aufgeben und sich stärker für regionalen Multilateralismus engagieren. Der regionale Multilateralismus, der in der ASEAN-Zentralität verankert ist, wäre jedoch ein Gräuel für den amerikanische Hegemon.
Im nächsten Artikel analysieren wir, ob und was Blinken mit seinem Besuch in Peking genau erreicht hat. Aber eines kann schon verraten werden: Mit seinem idiotischen Plan, einen Keil zwischen China und Russland zu treiben, ist Blinki erwartungsgemäß gescheitert.
Wenn ein Narr nach China geht – Blinki Teil 2
Was wollte der US-Außenminister bei seinem Peking-Besuch? Offenbar wollten die USA Peking dazu zwingen, vitale Interessen für US-Kriegsziele in der Ukraine zu opfern. Bei so viel Realitätsverlust war Blinkis Mission zum Scheitern verurteilt. Diametral entgegengesetzte Ansätze der Diplomatie wurden deutlich.
Während der zwei Jahrzehnte von 1990 bis 2010, in denen die USA als unangefochtene alleinige Supermacht mit militärischen Drohungen und Kriegen die Welt diktieren konnte, hat Washington verlernt, die traditionellen Instrumente der Diplomatie zu benutzen. Von ihrer Allmacht verblendet sahen die Herren des Universums in allen Problemen nur noch Nägel, für die sie in ihrem Diplomatenkoffer nur noch ein Instrument hatten, nämlich einen schweren militärischen Hammer.
Aber die finanzielle, ökonomische und militärische Weltherrschaft des amerikanischen Imperiums neigt sich dem Ende zu. Derweil ist die Realität an den US-Eliten vorbeigegangen, denn in Politik, Wissenschaft und Medien leben sie weiter in der Vergangenheit und benehmen sich auch so. Das Einzige, worin sich die US-Regierung und die sie umgebenden “Eliten” noch auszeichnen, ist Inkompetenz und im besten Fall Mittelmäßigkeit in der Führungsschicht. Übrigens trifft dieses Bild weitgehend auch auf Deutschland und die übrigen US-Vasallen in Europa zu.
Alles, was sie noch tun können, ist drohen. Aber auch das tun sie auf der Grundlage falscher Einschätzungen über die angebliche Schwäche des Feindes und über ihre eigene Stärke. Vor über 2.500 Jahren hat der chinesische Stratege Sun Tsu in seinem noch heute vielfach zitierten Buch “Die Kunst des Krieges” geschrieben, um einen Krieg zu gewinnen, sei es unabdingbar, die Stärken und Schwächen des Gegners zu kennen, aber noch wichtiger sei es, die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen.
In ihrer Überheblichkeit und im Vertrauen auf ihre – allerdings verlorene – Größe haben die US-Imperialisten und ihre Vasallen auf beiden Ebenen zunehmend versagt. So sind sie von einem Desaster in das nächste gestolpert und haben dabei systematisch ihre moralische, politische und militärische Glaubwürdigkeit zerstört:
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Angefangen im Jahr 1999 mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in Europa gegen Serbien, dessen Folgen bis heute auf dem Balkan für Instabilität sorgen,
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über den inzwischen verlorenen, schändlichen 20-jährigen Krieg in Afghanistan,
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entlang des mit US-Lügen vor dem UN-Sicherheitsrat gerechtfertigten völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen den Irak im Jahr 2003 mit Hunderttausenden von Toten und Millionen von Verwundeten und Vertriebenen,
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hinüber zur Blamage der gescheiterten US-Intervention im Sudan,
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weiter über die bis heute andauernde Katastrophe des Angriffs und der Zerstörung des blühenden, sozial vorbildlichen afrikanischen Staates Libyen im Jahr 2011,
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dann die völkerrechtswidrige Besetzung Syriens und der Diebstahl syrischer Rohstoffe wie Öl und Getreide,
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bis hin zur Unterstützung des zionistischen Genozids in Gaza mit Waffen und Geld.
All dies ist nur die Spitze des riesigen Eisbergs aus Fehleinschätzungen, aus Selbstüberschätzungen, aus Arroganz und Uneinsichtigkeit. Diese gigantischen Fehler haben den US-Staat nicht nur wegen finanzieller Überschuldung in Höhe von zig Billionen erheblich geschwächt und seinen Nimbus der militärischen Unbesiegbarkeit stark lädiert, sondern auch seine Softpower untergraben, indem die moralische Überheblichkeit der US-Eliten inzwischen weltweit als Hypokrisie, als Scheinheiligkeit ersten Ranges vor den Augen der Öffentlichkeit bloßgestellt wurde.
Vor allem in den Ländern des Globalen Südens, die in der Vergangenheit regelmäßig vom Westen mit erhobenem Zeigefinger moralisch gemaßregelt worden sind, wird die unausweichliche Niederlage der USA und ihrer EU-Vasallen in ihrem Ukraine-Krieg gegen Russland mit klammheimlicher Freude verfolgt. Aufgrund der massiven Unterschätzung der russischen militärischen Fähigkeiten und der von Wunschdenken gelenkten Überschätzung der eigenen hatten US/NATO Kriegsherren es nicht für nötig befunden, sich um einen alternativen Plan B Gedanken zu machen.
Aber der staatliche oder militärische Zusammenbruch der Ukraine ist laut kritischer Beobachter in Ost und West womöglich nur noch Monate entfernt. In den Regierungsetagen der NATO-Länder herrscht zunehmend Panik. Das bisher deutlichste Signal dafür ist der jüngste Besuch von US-Außenminister Antony Blinken, beziehungsweise Blinki, wie ihn seine Freunde nennen. Es war ein plumper Versuch, die Schuld für das sich anbahnende Desaster von US/NATO in der Ukraine auf China abzuwälzen.
Dabei warf Blinki seinen Gastgebern in Peking vor, durch den Handel mit Russland, vor allem durch den Export von “Dual-Use”-Gütern, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke benutzt werden können, Russlands Rüstungsindustrie in allen Bereichen Produktionsrekorde ermöglicht zu haben. Ohne Chinas Hilfe wäre der Krieg in der Ukraine anders verlaufen.
Und dann wiederholte Blinki sein bereits vor seinem Abflug nach China in US-Medien verkündetes Ultimatum an Peking: Entweder stoppt ihr eure entsprechenden Exporte oder wir (die USA) werden euch Chinesen sanktionieren und eure Banken vom internationalen Finanzsystem abschneiden.
Nur ein Narr würde nach China gehen, um ein Ultimatum zu stellen. In diesem Land kontrolliert man seine Emotionen und zeigt weder Ärger noch Frustration, denn das lässt einen schwach erscheinen. Man sucht nach Übereinstimmungen, auch wenn man vielleicht eher zum Gegenteil neigt. Harmonische Beziehungen zu erreichen, ist ein Zeichen des Erfolgs. Und deshalb legen die Chinesen so viel Wert auf Win-win-Lösungen. Diplomatie ist eine Kunst, die man beherrschen sollte, bevor man in Verhandlungen eintritt.
Washington zeigte mit dem Auftreten seines Außenministers Blinki keinerlei Respekt für diese kulturellen Normen und forderte arrogant, dass Peking entweder seine Zusammenarbeit mit Russland einstellt oder es bestraft würde! Nun, das wird nicht passieren, aus dem einfachen Grund, dass es Chinas wirtschaftlichen und strategischen Interessen schaden würde. Sind die Leute in Washington so hoffnungslos wahnhaft, dass sie glauben, sie hätten genug Macht und Einfluss, um Chinas Außenpolitik zu diktieren?
Blinkis unsensibles Ultimatum hat Peking offensichtlich stark verärgert. Nicht nur war die offizielle Zurückweisung aller seiner Forderungen ungewöhnlich scharf im Ton, sondern es fand auch keine offizielle Verabschiedung Blinkis statt, der nur vom US-Botschafter begleitet zum Flughafen kam. Aber es wird noch besser: Unmittelbar nach Blinkis Besuch forderte China die Einleitung einer internationalen Untersuchung des Terroranschlags auf die Nord-Stream-Pipeline unter der Schirmherrschaft der UNO.
Nachfolgend ist meine Übersetzung der Rede Blinkis, die er vor seinem Rückflug nach Washington in der US-Botschaft in Peking vor internationalen Medien hielt:
“Ich habe [in meinen Gesprächen mit der chinesischen Führung] unsere ernste Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Volksrepublik China Komponenten liefert, die den brutalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine antreiben. China ist der Hauptlieferant von Werkzeugmaschinen, Mikroelektronik, Nitrozellulose, die für die Herstellung von Munition und Raketentreibstoffen und anderen Gütern mit doppeltem Verwendungszweck. Mit denen baut Moskau eine Verteidigungsindustrie auf, die Raketen, Drohnen, Panzer und andere Waffen herstellt, mit denen Präsident [Wladimir] Putin in ein souveränes Land eindringt, um dessen Stromnetz und andere zivile Infrastruktur zu zerstören und unschuldige Kinder, Frauen und Männer zu töten. Ohne Chinas Unterstützung könnte Russland seinen Angriff auf die Ukraine nur schwer aufrechterhalten.
Bei meinen Treffen mit den NATO-Verbündeten Anfang des Monats und mit unseren G7-Partnern in der vergangenen Woche habe ich dieselbe Botschaft gehört. Die Förderung der russischen Rüstungsindustrie durch China ist nicht nur eine Bedrohung für die ukrainische, sondern auch für die europäische Sicherheit.
Asien kann keine besseren Beziehungen zu Europa aufbauen und gleichzeitig die größte Bedrohung der europäischen Sicherheit seit dem Ende des Kalten Krieges unterstützen. Wie wir China schon seit einiger Zeit gesagt haben, ist die Gewährleistung der transatlantischen Sicherheit ein zentrales Interesse der USA. In unseren heutigen Gesprächen habe ich deutlich gemacht, dass wir dieses Problem angehen werden, wenn China es nicht angeht!
Ich habe auch unsere Besorgnis über die unfairen Handelspraktiken der Volksrepublik China und die negativen Folgen der industriellen Überkapazitäten für die globalen und amerikanischen Märkte zum Ausdruck gebracht, insbesondere in einer Reihe von ‘Schlüsselindustrien’, die die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts vorantreiben werden, wie zum Beispiel Solarzellen, Elektrofahrzeuge und die Batterien, die sie antreiben. Allein China produziert mehr als 100 Prozent der weltweiten Nachfrage und überschwemmt damit die Märkte, untergräbt den Wettbewerb und gefährdet Existenzen und Unternehmen in aller Welt. Die Unternehmen, die bedroht sind. Andere gibt es gar nicht, weil die Vereinigten Staaten sie nicht produzieren.”
In dieser Rede gesteht Blinki – womöglich ohne es zu wollen – dass China wirtschaftlich die USA übertrumpft, aber auch, dass die Produktion der russischen Militärindustrie nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern die gesamte NATO übertrifft. Aber im kollektiven Westen erzählt man sich immer noch irrsinnige Geschichten vom angeblich desolaten Zustand der russischen Armee und ihrer Waffen. Die – zugegebener Maßen minderbemittelte – deutsche Außenministerin erzählte sogar in einem TV-Interview, dass in den eroberten Gebieten der Ukraine die Russen elektronische Mikrochips aus den Waschmaschinen in den dortigen Wohnungen stehlen, um sie umgehend nach Russland zu schicken, wo sie in die Steuersysteme russischer Raketen eingebaut werden.
Hinter Blinkis “Besorgnis über die unfairen Handelspraktiken der Volksrepublik China und die negativen Folgen der industriellen Überkapazitäten für die (…) amerikanischen Märkte” verbergen sich konzertierte Bemühungen der USA und einiger ihrer Verbündeten, Chinas wirtschaftlichen und technologischen Aufstieg zu bremsen, was die Chinesen längst verstanden haben. Was in ihren Reaktionen auf Blinken deutlich wurde.
Zu Beginn der Gespräche mit der chinesischen Führung erklärte Blinkis Amtskollege Wang Yi, die USA müssten aufhören, Chinas Wachstum zu behindern: “Chinas legitime Entwicklungsrechte wurden unangemessen unterdrückt und unsere Kerninteressen stehen vor Herausforderungen.” Die bilateralen Beziehungen hätten nach dem Treffen zwischen den Präsidenten Xi und Biden dem 30. Asien-Pazifik-Wirtschaftskooperationsgipfel am 10. November 2023 in San Francisco durch verstärkten Dialog und Zusammenarbeit begonnen, “sich zu stabilisieren”.
“Dies wird von unseren beiden Völkern und der internationalen Gemeinschaft begrüßt”, sagte Wang. “Aber gleichzeitig nehmen die negativen Faktoren in den Beziehungen immer noch zu, und die Beziehungen sind mit allen Arten von Störungen konfrontiert (…) Sollen China und die Vereinigten Staaten den richtigen Weg einschlagen und sich stabilisieren oder in eine Abwärtsspirale zurückkehren? Dies ist eine wichtige Frage für unsere beiden Länder, die unsere Aufrichtigkeit und Fähigkeit auf die Probe stellt”, fügte Wang hinzu und warnte die USA davor, “Chinas rote Linien in Bezug auf Chinas Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen zu überschreiten”.
“Sollen unsere beiden Seiten die internationale Zusammenarbeit in globalen Fragen anführen und eine Win-win-Situation für alle erreichen, oder sollen sie sich auf Rivalität und Konfrontation einlassen oder gar in einen Konflikt abgleiten, was für alle ein Verlustgeschäft wäre?”, fragte Wang. “Die internationale Gemeinschaft wartet auf unsere Antwort.”
Im Rahmen der Suche nach Harmonie als Kernstück der traditionellen chinesischen Diplomatie hieß auch Präsident Xi Jinping Blinki willkommen und sagte:
“China ist zur Zusammenarbeit mit den USA bereit, aber die Zusammenarbeit sollte in beide Richtungen gehen. China hat keine Angst vor Wettbewerb, aber beim Wettbewerb sollte es um gemeinsamen Fortschritt gehen, nicht um ein Nullsummenspiel. Die beiden Länder sollten gemeinsam erfolgreich sein und sich nicht gegenseitig schaden; sie sollten nach Gemeinsamkeiten suchen, anstatt in einen bösartigen Wettbewerb zu treten; sie sollten ihren Worten treu bleiben und entschlossen handeln, anstatt das eine zu sagen und das andere zu tun.
China ist der Blockfreiheit verpflichtet, und die USA sollten keine kleinen Kreise bilden. Beide Seiten können ihre eigenen Freunde und Partner haben und sollten davon absehen, sich gegenseitig anzugreifen, zu bekämpfen oder zu schädigen.”
Blinken erklärte nach den Gesprächen mit Xi Jinping: Wenn China nicht aufhöre, mit Russland zu kooperieren, seien die USA bereit, neue Sanktionen gegen China zu verhängen.
Nach Blinkis Abflug sprach der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, Klartext:
“China hat die Ukraine-Krise nicht verursacht. Und wir sind auch nicht daran beteiligt. China zum Sündenbock zu machen, wird die Krise nicht beenden. Es hat keinen Sinn, China die Schuld zu geben, wenn sich einige in der Ukraine-Frage in einer schwierigen Lage befinden.
Die Person [die USA], die dem Tiger [der Ukraine] die Glocke umgebunden hat, soll sie ihm doch abnehmen – die USA müssen aufhören, China die Schuld zu geben und anfangen, ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, um eine politische Lösung der Ukraine-Krise zu finden. Die NATO trägt unbestreitbar eine Verantwortung für die Ukraine-Krise. Sie sollte ihre Rolle überdenken, aufhören, anderen die Schuld zu geben und anfangen, nach einem Weg zu suchen, die Krise mit politischen Mitteln zu beenden.”
Für Außenstehende rund um die Welt, die nicht im Echo-Raum der aggressiven Propaganda des kollektiven Westens gegen Russland und China leben, ist das, was die chinesische Führung in den Gesprächen mit Blinki gezeigt hat, eine Demonstration von Staatskunst und Weisheit. Dagegen hat Blinki, als Produkt neokonservativer imperialistischer Aggressionslust, perfekt US-amerikanische Hybris demonstriert und mit seinen militanten Wutanfällen an das Benehmen eines verzogenen Kindes erinnert, das nicht bekommt, was es will. Leider ist das der wirkliche Zustand der US-Elite und ihrer Vasallen jenseits des Atlantiks.
Kurz nach Fertigstellung dieses Artikels kam die Nachricht, dass Washington bereits begonnen hat, seine Sanktionsdrohung gegen China umzusetzen. Das US-Finanzministerium hat am 1. Mai ein neues Paket mit antirussischen Sanktionen vorgestellt, die jedoch Russland nicht direkt treffen, sondern sich gegen Dritte richten, die mit Russland handeln. Die US-Strafmaßnahmen wurden gegen 29 Personen, mehr als 250 Unternehmen aus mehreren Ländern (aus China, der Türkei, Aserbaidschan, Belgien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Singapur und der Slowakei) sowie gegen 16 Schiffe unter russischer, panamaischer und singapurischer Flagge verhängt. Dazu gehören auch 21 Unternehmen aus Hongkong und vom chinesischen Festland, die mit Russland Handel treiben.
Als Rechtfertigung dieser nach UN-Charter völkerrechtswidrigen Maßnahmen behauptet die US-Lügenmaschine, sie wollten den Verkauf von Technologien und Ausrüstungen an Russland stoppen, die sowohl zivile als auch militärische Anwendungen haben – von der Energieerzeugung bis zur modernen Fertigung. Dabei kann Washington nach Belieben bestimmen, welche Produkte als “Dual-Use” eingestuft werden. Diese überhebliche Willkür wird ausgerechnet von dem Land demonstriert, das die Ukraine weiterhin mit schweren Waffen beliefert.
China lehne die einseitigen, ohne UN-Mandat verhängten Sanktionen als illegal entschieden ab, erklärte Liu Pengyu, der Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington:
“Wir werden die legitimen und rechtmäßigen Rechte und Interessen chinesischer Unternehmen verteidigen. Die chinesische Regierung überwacht den Export von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck im Einklang mit den Gesetzen und Vorschriften. China ist weder der Verursacher des Konflikts [in der Ukraine] noch eine Konfliktpartei und hat niemals tödliche Waffen oder Ausrüstung an eine Partei geliefert. Wir schüren niemals die Flammen (…) und wir werden ganz sicher nicht akzeptieren, der Sündenbock [für den verlorenen US/NATO-Krieg in der Ukraine] zu sein.”