CIA-Impfprogramm: Verschwörungsfakt oder Fake News mit tödlichen Folgen?
von Rainer Rupp
erschienen auf RT deutsch am 30. Januar 2021 und von KenFM am 1. Februar 2021
Vor allem in den Stammesregionen Pakistans herrscht ein tief verwurzeltes Misstrauen gegen die Impf-Teams, die sich nur unter dem Schutz von Polizei oder Militär in diese Gebiete wagen. Denn in den letzten Jahren sind Dutzende von Mitarbeitern der Polio-Impfkampagnen bei bewaffneten Angriffen getötet worden, zuletzt bei einem Überfall am 12. Januar 2021 in der Nähe von Karak, einer Stadt in den Stammesgebieten im Nordwesten Pakistans. Dabei wurde ein Polizist erschossen, der im Rahmen einer fünftägigen nationalen Polio-Impfoffensive ein Team beschützen sollte.
Woher kommt dieses tief verwurzelte Misstrauen, ja geradezu Feindseligkeit, die dort in den Stammesgebieten den Impfteams entgegenschlagen? In einem Bericht über den eben erwähnten vom 12. Januar erklärte etwa die Times of India: „Der islamistische Widerstand gegen Impfstoffe wuchs, nachdem die CIA eine gefälschte (Polio-)Impfoffensive organisiert hatte, die ihnen half, Al-Qaida-Gründer Osama Bin Laden in der pakistanischen Stadt Abbottabad aufzuspüren.“
Im ersten Moment hört sich dieser abenteuerliche Vorwurf der Times of India, der in Pakistan und Afghanistan tatsächlich weit verbreitet wurde, wie eine höchst unglaubwürdige Verschwörungstheorie an. Dementsprechend reagierte auch CBS News, einer der größten US-Nachrichtensender in einem Artikel vom 16. Januar 2021. Darin hat der Sender derartige Beschuldigungen kurzerhand als antiamerikanischen Verschwörungsunsinn hingestellt.
In dem Artikel unter dem Titel „Wie groß ist das Vertrauen der Völker rund um die Welt in COVID-19-Impfstoffe“ ging CBS News auch der Frage nach, warum es vor allem in Pakistan diese große Feinseligkeit gegen Impfprogramme gibt, vor allem wenn sie von den USA gefördert werden. Für den Sender liegt die Schuld daran eindeutig bei den antiamerikanischen, islamistischen Geistlichen, die in den Stammesgebieten wirre Geschichten über die Impfstoffe verbreiten würden. Wörtlich heißt es im Artikel von CBS News:
„Seit Jahren werden Pakistans Bemühungen zur Ausrottung der Kinderlähmung weitgehend wegen der Angst der Öffentlichkeit vor ausländischen Impfstoffen vereitelt. Diese ‚Anti-Impf-Haltung‘ wurde von Stammesführern und religiösen Klerikern angeheizt, die behaupten, die Polio-Tropfen seien Teil eines westlichen Komplotts zur Sterilisierung von Muslimen.“
Weiter heißt es: „Die Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit den Impfungen wurden nur noch schlimmer, nachdem ein pakistanischer Arzt beschuldigt wurde, eine gefälschte Impfkampagne zu führen, um der CIA bei der Auffindung von Osama bin Laden zu helfen.“
Nach Lektüre dieses Absatzes stellt sich allerdings die dringende Frage: „Wie sehr kann man der Berichterstattung von CBS News vertrauen?“ Ist das ein einmaliges Versehen oder gehören mittlerweile Fake News zum Standardrepertoire von CBS als wichtiger Repräsentant der US-Mainstream-Medien? Denn wie wir gleich sehen werden, verdient das, was CBS aktuell als Verschwörungstheorie bezeichnet, eine tatsächliche Verschwörung genannt zu werden, die 2014 sogar vom Weißen Haus in Washington anerkannt worden war und anschließend die internationalen Medien füllte.
Diese Tatsache wäre für CBS News leicht zu überprüfen gewesen, sollte sie den Redakteuren aktuell „entfallen“ sein. Aber stattdessen hat der „Nachrichtensender“ die skrupellose CIA-Operation aus den Jahren 2010/2011 als Verschwörungstheorie hingestellt. Offensichtlich will der Sender das verbrecherische Fake-Polio-Impfprogramm vertuschen, mit dem die CIA das Versteck von Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden in Pakistan ausfindig machen wollte.
Am 16. Mai 2014, also fast genau drei Jahre nach der illegalen Exekution Osama Bin Ladens am 2. Mai 2011 in der Stadt Abbottabad, war diese abscheuliche CIA-Operation offiziell und in aller Öffentlichkeit von der Obama-Administration eingestanden worden. Denn nachdem in der Zwischenzeit klar geworden war, dass diese CIA-Operation in direkter Konsequenz für den Tod oder die Verkrüppelung unzähliger pakistanischer Kinder verantwortlich war, war der moralische Druck der international arbeitenden US-Gesundheits- und Kinderorganisationen auf US-Präsident Barack Obama derart stark geworden, dass er reagieren musste. Aber der Reihe nach:
Als erstes News-Medium hatte The Guardian am 11. Juli 2011 die Alarmglocken geläutet, knapp drei Monate nach der außergerichtlichen Exekution Bin Ladens durch ein US-Killerkommando. Die britische Tageszeitung hatte damals herausbekommen, dass die CIA in pakistanischen Bergdörfern systematisch falsche Impfprogramme durchgeführt hatte. Das heißt, sie hat Kinder und ältere Leute, die zur Impfung kamen, nicht wirklich gegen Polio geimpft, sondern ihnen stattdessen genetisches Material entnommen, um so deren DNA zu bestimmen. Auf diese Weise wollte man herausbekommen, ob sich Familienmitglieder von Osama bin Laden unter den angeblich „Geimpften“ befanden, um dann über diesen Spuren an Bin Laden heranzukommen.
Als immer mehr Spuren in die recht wohlhabende, pakistanische Stadt Abbottabad als ein möglicher Aufenthaltsort Bin Ladens wiesen, heuerten CIA-Agenten den angesehenen pakistanischen Arzt Dr. Shakil Afridi an, um auch in Abbottabad unter dem Mantel der internationalen Wohltätigkeit eine falsche Impfkampagne zu organisieren. Damit die Kampagne glaubwürdig aussah, fing man mit den Impfungen zuerst in den Armenvierteln der Stadt an, um sie später auf die wohlhabendere Viertel auszuweiten, mit offenbar durchschlagendem Erfolg.
Nicht lange nach der außergerichtlichen Exekution Bin Ladens wurde Dr. Afridi von der pakistanischen Spionageabwehr verhaftet. Da das US-Killerkommando und die CIA ohne Wissen der wütenden pakistanischen Regierungsbehörden operiert hatte, gab es eine genaue Untersuchung. Dabei fiel recht schnell der Verdacht auf Dr. Afridi, weil er seine „wohltätige und kostenlose“ Impfkampagne von den Armenvierteln auf die Viertel der Reichen ausgedehnt hatte, was keinen Sinn ergab. Dr. Afridi gestand, und ihm wurde der Prozess wegen Mitarbeit in einem ausländischen Geheimdienst und wegen Gefährdung der öffentlichen Gesundheit gemacht.
Spätesten mit der Verurteilung von Dr. Afridi zu 33 Jahren Haft war das Gerücht von der CIA-Polio-Impfkampagnen als Spionage-Operation zu einer harten Tatsache geworden, was in der Folgezeit die vielen tödlichen Überfälle in den Stammesgebieten gegen gut gemeinte Impfkampagnen internationaler Hilfsorganisationen erklärt. Die wahren Leidtragenden dieser menschenverachtenden CIA-Operation jedoch waren und sind bis heute die Kinder in den betroffenen Regionen.
Erstens hatten die Eltern in den mit Polio verseuchten Gebieten geglaubt, ihre Kinder seien geimpft und entsprechend geschützt worden, obwohl sie gerade das nicht waren. Der zweite Aspekt hat aber eine noch viel verheerendere und bis heute andauernde Nachwirkung für die Gesundheit aller Kinder in den betroffenen Regionen. Denn nach dieser CIA-Operation war es extrem schwer und sogar lebensgefährlich geworden, dort weitere Impfungen – egal welcher Art – durchzuführen.
Automatisch sahen und sehen die Dorfältesten bis heute in den Impf-Teams stets potentielle CIA-Spione, die sie verdächtigen, womöglich Ziele für US-Drohnenangriffe auszuspähen. So verlangte beispielsweise in einem bekannt gewordenen Fall ein Dorfältester, dass er nur dann ein Impf-Team in seinem Ort akzeptieren würde, wenn es garantieren könnte, dass sein Dorf von Drohnenangriffen verschont bleibt.
Wer sich also heutzutage wundert, warum in Pakistan und Afghanistan die Polio-Seuche immer noch nicht unter Kontrolle ist, aber dabei die verbrecherische CIA-Operation nicht als eine, wahrscheinlich sogar als die wichtigste Ursache dafür benennt, verbreitet keine Nachrichten, sondern Propaganda auf der Basis von Fake News. In diese Kategorie gehört auch der eingangs erwähnte Bericht des leider immer noch renommierten Senders CBS News.
Im Unterschied zu Sendern wie CBS News hatten echte US-Gesundheitsexperten schon früh den Zusammenhang zwischen den schändlichen Machenschaften der CIA in Pakistan und dem Wiederaufleben der unheilbaren Kinderlähmung in der Region erkannt. Im Januar 2013 richteten die Direktoren der zwölf bedeutendsten US-amerikanischen Gesundheitsorganisationen, die auch in Entwicklungsländern Impfprogramme durchführten, daher ein gemeinsames Schreiben an das Weiße Haus, in dem sie sich bei Obama beschwerten, dass ihre Mitarbeiter auf Grund der illegalen Impfprogramme der CIA in Pakistan erheblichen Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt waren. Sie forderten Obama auf, öffentlich ein Ende dieser US-Operationen bekannt zu geben. Das geschah erst 16 Monate später, am 16. Mai 2014.
Dieses Datum trägt der Brief von Obamas Chef-Beraterin für Terrorismusbekämpfung und Innere Sicherheit, Frau Lisa Monaco, an die Direktoren der erwähnten zwölf US-amerikanischen Gesundheitsorganisationen. In dem Schreiben versichert Frau Monaco, dass die CIA nie wieder eine Impfkampagne im Ausland als Instrument der Spionage einsetzen werde. Nachfolgend ein Ausschnitt aus Monacos Brief:
„Ich wollte Ihnen mitteilen, dass der Direktor der Central Intelligence Agency (CIA) im August 2013 angeordnet hat, dass die Agency keinen operationellen Gebrauch von Impfprogrammen mehr machen wird. Das betrifft auch die Mitarbeiter bei diesen Programmen. Ebenso wird die Agency nicht länger versuchen, DNA oder andere genetische Materialien durch solche Programme zu erhalten und auszuwerten. Diese CIA-Politik gilt weltweit für US- und Nicht-US-Personal gleichermaßen.“
Damit war die für viele befremdlich klingende Verschwörungstheorie von einem angeblichen Fake einer CIA-Impfkampagne zwecks DNA-Entnahme endgültig und zweifelsfrei zu einem Verschwörungsfaktum geworden. Medien wie CBS News stellen allerdings dieses abscheuliche CIA-Verbrechen auch heute noch als Verschwörungstheorie hin. Aber diese Vorgehendweise von CBS News lüftet für den interessierten Leser immerhin ein wenig den Schleier und gibt den Blick frei auf die verfälschende Berichterstattung der US-Mainstream-Medien.