»Das Ziel der UCK ist Groß-Albanien«

»Das Ziel der UCK ist Groß-Albanien«

von Rainer Rupp

erschienen am 16.04.1999 in der Jungen Welt

US-Politikinstitute warnen vor kosovo-albanischen Separatisten

Einem Aufruf der UCK folgend haben sich in den USA bereits Hunderte albanisch-stämmige Amerikaner für den »Befreiungskampf« ihrer »Heimat« gemeldet. Nach einem Bericht der New York Times vom 13. April handele es sich in der Hauptsache um junge Männer, aber auch eine 17jährige Schülerin und ein 60jähriger Mann seien mit von der Partie und inzwischen auf dem Weg nach Europa.

Daß sie dem Rekrutierungsaufruf gefolgt sind, kann man ihnen jedoch nicht verdenken. Die UCK wird von den Medien in Europa und den USA, vor allem von CNN, als Beschützer und Befreier der einfachen Menschen dargestellt, die zuhauf unter schrecklichen Umständen aus dem Kosovo flüchten. Ihre Gegner, die Serben, sind dagegen gesichtslose, massenmordende Bestien. Nicht nur die amerikanische, sondern auch die europäische Öffentlichkeit wird tagtäglich mit ungeprüften Greuelgeschichten und Gerüchten gefüttert, die von der Kriegspropaganda als objektive Nachrichten verkauft werden. Um den Anschein von Authentizität zu erwecken, wird das Ganze mit emotionalisierenden Fernsehbildern vom Flüchtlingselend untermalt.

»Die internationale Empörung, die durch diese Bilder hervorgerufen wurde, hat der NATO geholfen, ihren Luftkrieg weiterzuführen, der sonst womöglich schnell politisch unpopulär geworden wäre«, schreibt Joseph Fitchett in einer Hintergrundanalyse in der »International Herald Tribune« vom 13. April und belegt diese Einschätzung mit einem Zitat eines namentlich nicht genannten NATO-Botschafters eines europäischen Landes: »Milosevic hat uns einen Riesengefallen getan, indem er eine halbe Million Albaner vertrieben hat.«

Der Zynismus der NATO-Strategen wird nur noch von den UCK-Terroristen übertroffen, die in der Rolle als Volksbefreier posieren und – wider besseren Wissens – von der NATO in immer engerer Zusammenarbeit als solche behandelt werden. Im USA- Kongreß forderte eine einflußreiche Gruppe bereits die Bewilligung von Geldern zur Bewaffnung der UCK. (Als ob die nicht schon bewaffnet wäre.) Michael Radu, leitender Mitarbeiter am amerikanischen »Foreign Policy Research Institute«, stemmte sich in seinem E-Mail- und Fax-Rundbrief vom 7. April an maßgebende Persönlichkeiten dieser Entwicklung entgegen.

In seinem Rundbrief erinnert Radu daran, daß die Clinton- Regierung noch letztes Jahr die UCK als eine »terroristische Organisation« eingestuft hatte. Und am Charakter dieser Terroristen läßt er keinen Zweifel: »Die UCK ist eine sezessionistische und irredentische (das Wort hat seinen Ursprung in der >Irredenta<, der italienischen nationalistischen Bewegung des 19. Jahrhunderts, die den Anschluß aller Gebiete mit italienisch-stämmiger Bevölkerung forderten) Guerillaorganisation, mit dem Ziel, ein Groß-Albanien zu schaffen, wofür auch Teile aus Jugoslawien, Mazedonien und Griechenland herausgelöst werden sollen. Ebenso beunruhigend ist die Tatsache, daß etliche der UCK-Gründungsmitglieder und ihrer führenden Kader … der kommunistischen Geheimpolizei des mittlerweile verstorbenen Enver Hodscha entstammen, nämlich der Sigurimi, die den KGB selbst zu Zeiten seiner schlimmsten stalinistischen Exzesse vergleichsweise gut aussehen läßt. Außerdem existieren Berichte, wonach die Suche nach den Quellen der Unterstützung für die UCK sogar in Länder wie Iran und Afghanistan und Spuren sogar zu Osama bin Laden führen.«

Anschließend deckt Michael Radu die mehr als dubiosen Finanzquellen der UCK auf. Der in Den Haag ansässigen europäischen Polizeibehörde EUROPOL liegen nun Untersuchungsergebnisse vor, wonach sich die UCK zum Teil auch aus dem Erlös von Drogengeldern finanziert.

Die »Times« aus London hatte zudem kürzlich über Verwicklungen der UCK in den Drogen- und besonders Heroinschmuggel berichtet, vor allem in Deutschland, der Schweiz und Skandinavien (Ausgabe vom 24. 3. 1999). Davon profitiert im wesentlichen die UCK-Führung, die sich aus Exil-Albanern aus der Schweiz, Deutschland und den USA, aber auch aus Kadern aus Albanien selbst zusammensetzt.

Eine weitere Einkommensquelle der UCK sind sogenannte »Spenden für den Befreiungskampf«, die von UCK- Geldeintreibern von Gastarbeitern im Ausland erpreßt werden. In enger Kooperation mit kriminellen albanischen Organisationen kontrolliert die UCK auch den Waffenschmuggel aus Europa nach Albanien, Mazedonien und Jugoslawien.

»Abgesehen von diesen Tatsachen müßten die Vorgehensweise der UCK und die Art und Weise, wie sie die Kosovo-Albaner behandelt, jegliche amerikanische Hilfe für diese Organisation undenkbar machen«, betont Michael Radu. »Zur Zeit rekrutiert die UCK oft mit Gewalt und sogar mit gezogener Waffe junge Männer unter den Flüchtlingen aus dem Kosovo zum Dienst.«

Besonders unterstreicht die Analyse des Foreign Policy Research Instituts, daß »die UCK für demokratische Vorgehensweisen noch nie viel übrig hatte.« Als Beispiel wird folgender Fall angeführt: »Als die Demokratische Liga des Kosovo mit Ibrahim Rugova an der Spitze – der einzige jemals demokratisch gewählte kosovo-albanische Führer – versuchte, ihren eigenen bewaffneten Arm aufzustellen (die Streitkräfte der Republik Kosovo, FARK), hatte die UCK nichts eiligeres zu tun, als den Anführer der FARK zu töten. Auch schreckte die UCK nicht davor zurück, andere Mitarbeiter von Rugova zu ermorden, denen sie das >Verbrechen< der Mäßigung vorwarfen. Und obwohl das Treffen Rugovas mit Milosevic vor kurzem womöglich unter Zwang stattgefunden hatte, erklärte die UCK kurzerhand Rugova als >Verräter< – ein weiterer Schritt, um jeglichen Konkurrenten um die politische Macht innerhalb des Kosovo auszuschalten.«

Genau wie die renommierte Brooking Institution in Washington bereits im Oktober 1998 der UCK vorwarf, für den Konflikt im Kosovo hauptverantwortlich zu sein (siehe junge Welt vom 6. 10. 1998: »Rezept für ein Desaster«) so wirft auch das Foreign Policy Research Institut der UCK vor, die kosovo-albanische Zivilbevölkerung in verbrecherischer Weise für ihre ureigenen Ziele einzusetzen: »Am schlimmsten ist, wie die UCK systematisch und heimtückisch die Zivilbevölkerung für ihre eigenen engstirnigen und zynischen Zwecke mißbraucht«.

Militärisch stelle die UCK für Belgrad keine ernsthafte Gefahr dar, denn sie sei desorganisiert und fragmentiert, wobei das Zusammengehörigkeitsgefühl oft nicht weiter geht als bis zu den Grenzen des jeweils eigenen Clans. Diese wiederum liegen untereinander im Streit um Macht und Einfluß. Bei diesen Intrigenspielen ist die UCK stark. Bisher habe die UCK aber stets bei ihren Versuchen versagt, auch nur eine Region im Kosovo dauerhaft zu kontrollieren. Woraus zu schließen ist, daß ihr Rückhalt in der Bevölkerung bei weitem nicht so stark ist, wie sie in ihrer Propaganda vorgibt.