Der Kaiser ist nackt. Von „Falschen Flaggen“ und anderen Lügen.

Der Kaiser ist nackt. Von „Falschen Flaggen“ und anderen Lügen.

von Rainer Rupp

erschienen am 21. Juni 2019 via KenFM

Der stellvertretende Vorsitzende der Vereinigten Generalstäbe der vier Waffengattungen der US-Streitkräfte, General Paul J. Selva, hat am Dienstag im Pentagon vor Journalisten erklärt, dass die Anwendung militärischer Gewalt gegen den Iran zuvor einen Konsens der Weltgemeinschaft erfordern würde. Allerdings würden die USA sich das Recht herausnehmen, auch im Alleingang Iran anzugreifen, falls Teheran durch seine Aktionen für den Tod von auch nur einem US-Soldaten oder zivilen US-Bürger verantwortlich ist. Damit wiederholte der zweithöchste US-Offizier die zuvor von US-Außenminister Mike Pompeo, gemachte „letzte Warnung“ an die Adresse Teherans.

In dem unberechenbar explosiven, mittelöstlichen Chaos ist der zweite Teil dieser Aussage natürlich eine unverhohlene Einladung an alle jene Akteure mit einem starken Interesse an einem US-Angriff gegen Iran, einen Angriff unter „Falscher Flagge“ durchzuführen. Und davon gibt es einige.

Da wären zuerst einmal die zionistischen Kriegstreiber in Israel. In den Jahren 2006-2007 konnten sie nur mit Mühe von Washington davon abgehalten werden, die iranischen wissenschaftlichen Zentren der Atomforschung zu zerstören. Damals hatte Washington noch im Irak alle Hände voll zu tun und wollte die Eröffnung einer zweiten, noch größeren Front gegen Iran unbedingt vermeiden. Die Israelis haben große Erfahrung in der Anwendung von „falschen Flaggen“ und sind auch rücksichtslos genug, um sie mit US-Amerikanern als Opfer einzusetzen (siehe dazu auch den Angriff auf das US-Spionageschiff „Liberty“).

Auch die mit mittelalterlicher Brutalität herrschenden wahabitisch-sunnitischen Saudis haben nicht weniger Interesse als die Zionisten an einem US-Krieg gegen den schiitischen Iran, in dem die sektiererischen, saudischen Feudalherren ihren religiösen Erz- und Erbfeind sehen. An der für eine falsche Flagge notwendigen Skrupellosigkeit mangelt es ihnen nicht. Eine ihrer Spezialitäten ist die öffentliche Enthauptung von angeblichen „Hexen“, jugendlichen „Gotteslästerern“ und Oppositionellen, oder die Ermordung eines unliebsamen oppositionellen Journalisten im saudischen Konsulat in Istanbul, dessen Körper anschließend zerstückelt wurde, um die Leichenteile leichter verschwinden zu lassen. Dieser immens reiche menschliche Abschaum ist eng liiert mit Donald Trump, der ihnen gerne für Milliarden Dollar US-Waffen verkauft. Aus dem gleichen Grund werden die Saudis von Kanzlerin Merkel hofiert, die sie zu Deutschlands „strategischen Partner“ erhoben hat.

Als weitere Kandidaten für die Durchführung einer Falschen Flagge gegen US-Soldaten oder Bürger kommen die kleinen, separatistischen Grüppchen ethnischer Minderheiten in den Grenzregionen des Iran in Frage. Sie operieren hauptsächlich in den Gebieten der arabisch-sprachigen Minderheit im Südwesten des Landes, oder im Osten im Grenzgebiet zu Pakistan oder auch noch vereinzelt in den kurdisch Gebieten im Grenzgebiet zu Irak. Ihre separatistischen Ziele verfolgen sie mit extrem brutalen und blutigen Angriffen gegen Vertreter des iranischen Staats. Dabei werden sie glaubhaften Berichten zufolge von israelischen und US-amerikanischen Diensten finanziell und waffentechnisch unterstützt.

Diese Gruppen aus ethnischen Minderheiten können sich besonders leicht über die iranischen Grenzen nach Irak, nach Pakistan oder in die arabischen Golfstaaten bewegen. Deshalb würden sie sich besonders gut für einen Angriff unter falscher Flagge auf Amerikaner in diesen Nachbarländern eignen, wo die vielen, dort stationierten US-Soldaten leichte Beute wären.

Bei den Mitgliedern dieser ethnischen Gruppen handelt es sich um real existierende iranische Bürger mit einem iranischen Lebenslauf und mit iranischem Pass. Das könnte gegebenenfalls für die Beweisführung gegen Iran von großem Nutzen sein. Die Meldung könnte z.B. lauten: „Der bei einem tödlichen Attentat auf US-Soldaten in Katar erschossene Terrorist trug einen iranischen Pass bei sich. Erste Recherchen ergaben, dass er in seinem iranischen Heimatort XY dafür bekannt war, für den iranischen Geheimdienst zu arbeiten.“ Und schon hätten laut der von Pompeo genannten Bedingungen die USA ihren der Grund für einen unilateralen US-Krieg gegen Iran.

Aber es gibt noch einen weiteren, undurchsichtigen Kandidaten mit der nötigen Skrupellosigkeit für falsche Flagge Angriffe gegen amerikanische Soldaten oder Bürger, nämlich die berüchtigte exil-iranische Terrororganisation der sogenannten „Volksmujaheddin“. Diese links-sektiererischen Terroristen haben in der Vergangenheit vom Ausland aus immer wieder blutige Anschläge im Iran durchgeführt. Weil die Volksmujaheddin auch bei Anschlägen im Westen etliche US-Bürger getötet hatten, standen sie lange Zeit auf der Terrorliste des US-Außenministeriums. Im irakischen Krieg gegen Iran haben sie auf Seiten Saddam Husseins gekämpft, der ihnen später als Gruppe in Irak Asyl gewährt. Nach der US-Eroberung des Irak hatten die US-Besatzer die etwa 3000 Personen zählende Kampfgruppe der Volksmujaheddin samt ihren Frauen und Kindern in einem isolierten Lager in Irak interniert.

Es war John Bolton, der Oberfalke und aktuelle Chef-Sicherheitsberater von Präsident Trump, der das nützliche Potential der Terror-Volksmudschaheddin für die US-Pläne gegen Iran erkannte. In Washington hat er sich dann dafür eingesetzt, dass die terroristische Vergangenheit der Gruppe im Jahr 2012 durch einen Beschluss von Außenministerin Hillary Clinton im institutionellen Gedächtnisloch entsorgt wurde. Seither werden die Gewaltextremisten als Freiheitskämpfer hofiert. Bolton hat sie bei einer ihrer Versammlungen mit einer Lobrede persönlich geadelt. Seit etlichen Jahren können sie nun in den USA und anderswo jede Menge Geld und Spenden für ihr Ziel einsammeln, nämlich die Führung in Teheran zu eliminieren. Dass sie dabei Unterstützung von der CIA bekommen ist selbstverständlich.

Das kann man sogar in der braven Wikipedia nachlesen (1). “Dort wird auch der der Ex-CIA-Beamte Ray McGovern (2) zitiert, der 2006 im ARD-Magazin „Monitor“ auf die Frage, warum die CIA nun mit den Volksmujaheddin zusammenarbeite, folgendes sagte:

Im Rahmen von verdeckten Operationen soll das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten durch die CIA verstärkt die Volksmujaheddin zur Destabilisierung des Irans unterstützen, indem diese nachrichtendienstliche Hilfe für gezielte Terroranschläge im Iran anbietet oder Mitglieder ausbildet. Die „üblichen Geheimdiensttätigkeiten. Sensoren anbringen, um das iranische Atomprogramm zu überwachen. Angriffsziele für die Luftwaffe markieren. Vielleicht auch geheime Lager einrichten und die Truppenstationierung überwachen. Und ein bisschen Sabotage. […] Die Volksmujaheddin sind bereit, Dinge zu tun, für die wir uns schämen müssten, und über die wir am liebsten schweigen. Doch genau für solche Aufgaben benutzen wir sie“ .

Für den von den Washingtoner Falken erhofften falsche-Flagge Angriff gegen amerikanische Bürger oder Soldaten gibt es also viele Kandidaten. Wahrscheinlich hat die CIA noch weitere Optionen in petto, um den Krieg gegen Iran unilateral vom Zaun zu brechen. Denn für „einen Konsens der Weltgemeinschaft“ als Voraussetzung für die „Anwendung militärischer Gewalt“ gegen den Iran, wie das eingangs vom US-Luftwaffengeneral Paul J. Selva gefordert wurde, sieht es derzeit schlecht aus. Der Grund dafür liegt darin, dass ersten kaum noch ein Land Washington Glauben schenkt und dass, zweitens, Washington nicht mehr wie früher über die nötige ökonomische, politische, militärische und moralische Macht verfügt, um sich bei seinen Vasallen bedingungslos durchzusetzen.

In ihrer nicht sehr langen Geschichte haben die USA über 200 Kriege geführt, die meisten davon waren Angriffskriege. Seit der Ächtung von Angriffskriegen beim Nürnberger Tribunal und in der nachfolgenden Charta der UNO haben die USA stets mit irgendwelchen Behauptungen über die Schuld des jeweiligen Opfers ihre Angriffskriege gerechtfertigt. Niemand in der westlichen Vasallen wagte es, die US-Behauptungen nicht als Beweis zu akzeptieren, sonst hätten sie sich verdächtig gemacht, mit der Sowjetunion zu paktieren. Gewohnheitsgemäß glaubt Washington auch diesmal, dass es keiner Beweise bedurfte, um den Iranern die Schuld an den Angriffen auf zwei Tanker im Golf von Oman zuzuweisen. Eine feste Behauptung aus dem Weißen Haus, dem Sitz des großen Kaisers und Herrschers über die „freie Welt“ musste genügen.

Umso erfreulicher war es in den letzten Tagen zu erleben, wie immer mehr Staaten aus dem US-Vasallenkreis entdeckt haben, dass der amerikanische Kaiser ohne Kleider dasteht. Immer mehr Regierungen haben Beweise für die Behauptungen der Chef-Kriegstreiber in Washington gefordert. Die Erklärungen aus Washington, dass es sich um Erkenntnisse der US- Geheimdienste handele, dass den Diensten die Beweise vorlägen, diese aber nicht veröffentlicht werden dürften, weil die Arbeitsweisen der Dienste geheim bleiben müssten, ließen plötzlich den Kaiser nackt aussehen.

Nur die kaisertreuen Ritter aus dem perfiden Albion ließen sich nicht beirren. Ohne zu zögern haben sich die Briten sofort hinter ihre Komplizen in Washington gestellt. Eine Hand wäscht die andere, schließlich hatten sich die Amerikaner ebenso schnell hinter Londons absurde Skripal-Lügengeschichte gestellt. Aber ansonsten dominierte weltweit der Zweifel an Washingtons Darstellung der Angriffe auf die beiden Tanker im Golf von Oman.

Vor allem in Japan, ein Hauptabnehmer von iranischem Öl, herrscht Skepsis. Die Tageszeitung “Japan Today” berichtete (1) am 16. Juni unter dem Titel „Japan verlangt von den USA mehr Beweise dafür, dass der Iran Tanker angegriffen hat“:

Die Erklärung der USA hat uns nicht geholfen, über Spekulationen hinauszugehen“, sagte ein hoher Regierungsbeamter. … Eine Quelle in der Nähe von Premierminister Shinzo Abe sagte: „Diese [angeblichen Beweisstücke des Außenministers Mike Pompeo] sind kein eindeutiger Beweis dafür, dass es sich um den Iran handelt. … Auch wenn es die Vereinigten Staaten sind, die die Behauptung aufstellen, können wir nicht einfach sagen, dass wir es glauben“, sagte er.

Zuvor hatte US-Außenminister Pompeo in einer Pressekonferenz am Donnerstag den 13. Juni erklärt, die Einschätzung der USA für die Schuld des Iran basiere „auf geheimdienstlichen Erkenntnissen über die bei den Angriffen verwendeten Waffen, über das zur Durchführung der Operation erforderliche Fachwissen, wegen der Ähnlichkeit zu jüngsten, iranischen Angriffen auf die Schifffahrt, zusammen mit der Tatsache, dass keine andere, von Iran unterstützte Gruppe in der Region tätig ist, die über die Ressourcen und Fähigkeiten verfügt, um mit einem solch hohen Maß an technischer Raffinesse zu operieren“.

Unter Zugrundelegung dieser Aussage versetzten die Japaner Pompeo einen kräftigen Tritt ans Schienbein. „Japan Today“ zitiert dazu eine Quelle im japanischen Außenministerium: „Wenn lediglich die technische Expertise, die für die Durchführung des Angriffs der Grund für die Schlussfolgerung ist, dass Iran der Angreifer war, dann käme dies genauso gut für die Vereinigten Staaten und Israel in Frage„. Auch für die Japaner steht der Kaiser in Washington nackt da.

In der EU geht man mit den Amerikanern etwas behutsamer um. Aber auch dort überwiegt die Skepsis. So weigerte sich eine EU-Sprecherin, dem Iran zu diesem Zeitpunkt die Schuld zu geben und erklärte lediglich: „Wir sammeln mehr Informationen und bewerten die Situation.“ In Berlin ist erfreulicherweise das Auswärtige Amt nicht unbesehen auf den gefakten US-Zug aufgesprungen und Minister Maas ließ verlauten, dass das US-Video kein hinreichender Beweis sei.

Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn sagte, dass mehr „glaubwürdige Beweise“ benötigt würden, um Trumps Behauptung zu stützen. Ohne glaubwürdige Beweise für die Tankerangriffe würde die Rhetorik der US-Regierung die Kriegsgefahr nur erhöhen. Die britische Schatten-Außenministerin Emily Thornberry sagte, dass „unabhängige Beweise“ darüber erstellt werden sollten, wer für die Angriffe verantwortlich war. Chris Williamson, Mitglied des britischen Parlaments für die britische Labour Party, war weniger diplomatisch und sagte: „Egal ob versucht wird, Venezuelas demokratische Regierung stürzen oder den Regimewechsel im Iran durchzuführen, die USA verursachen globale Instabilität, um ihre imperialen Interessen zu fördern. Wir müssen die Lügen der Trump-Administration, um öffentliche Unterstützung für ihre katastrophalen Pläne zu erhalten, zurückweisen“.

Der Leiter der Nahost-Analyseabteilung der „Eurasia Group“, eine internationale Risiko-Beratungsfirma, Ayham Kamel, vermutet eher die Saudis hinter den Angriffen. Auf Grund ihrer zunehmenden Misserfolge in dem von ihnen in den Jemen hineingetragen Krieges gegen die Houthi, die inzwischen vermehrt gegen saudische Ölanlagen und Flughäfen zurückschlagen, seien die Feudalherren in Riad zunehmend nervös geworden. Sie gehen davon aus, dass die Houthis von Iran Unterstützung bekommen. „Die Saudis sind alarmiert“, sagte Kamel, weshalb „sie versuchen, den Druck zu erhöhen, um die USA zum Angriff (gegen Iran) zu verleiten.“

Andere Experten haben auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Angriffe am Donnerstag den 13. Juni im Golf von Oman sowie vor über einem Monat die Angriffe auf vier Tankschiffe im Persischen Golf sogenannte „Falsche Flagge“ -Operationen waren, die womöglich von Irans Erzfeind Israel durchgeführt wurden. Wieder andere spekulieren, dass die Angriffe von Falken in der Trump-Administration als Vorwand für die Einleitung von Militäroperationen gegen den Iran durchgeführt worden sein könnten.

Die US-amerikanische Erfolgsbilanz, Beweise zur Rechtfertigung eines Krieges vorzulegen, ist nicht gut“, sagte William Church, ein ehemaliger Ermittler des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. „Die USA haben im Vorfeld des Vietnamkrieges gelogen [indem sie 1964 einen nordvietnamesischen Angriff auf ein Schiff der US-Marine im Golf von Tonkin erfunden hatten], und auch vor dem Irakkrieg über Massenvernichtungswaffen hat Washington gelogen. Wenn diese Angriffe auf Tankschiffe vor der Küste von Iran stattfinden, müssen wir – zusätzlich zu möglichen Beweisen – uns fragen, was die Motive dafür sind.“

Tatsächlich dürfte die Frage nach dem Motiv den Schlüssel zur Aufklärung für die Angriffe auf die Tanker liefern. Dazu gehört auch die Frage, weshalb Teheran ausgerechnet in der aktuell extrem angespannten Situation, in der Washington gierig nach Kriegsgründen sucht, den Amerikanern diese Gründe auf dem Tablett servieren sollte? Oder warum Iran ausgerechnet die Tankschiffe von zwei seiner besten Öl-Kunden, nämlich Japan und Norwegen angeblich im Golf von Oman angreifen sollte?

Und bei der Frage, wer nachweißlich das längste Lügenregister hat, stellen die USA alle anderen Länder in den Schatten. Außenminister Pompeo ist als ex-CIA Direktor sogar besonders stolz auf seine Lügen, Täuschungen und Betrügereien im Umgang mit anderen Staaten und Menschen.

Wir haben gelogen, wir haben betrogen, wir haben gestohlen“, erklärte der US-Außenminister in freudig aufgeräumter Stimmung am 15. April dieses Jahres, als er Ehrengast der University „College Station“ in Texas war, um an einer Diskussionsrunde mit den Studenten dieser Universität teilzunehmen, die als Rekrutierungsschmiede für den Auslandsgeheimdienst CIA gilt. Dabei erlaubte er auch einen Blick auf die hässliche Fratze hinter der großartigen „demokratischen“ Fassade der USA, des „Leuchtturms der Freiheit und der Menschenrechte“. (Siehe KenFM-Tagesdosis vom 10.5.2019 – US-Diplomatie – Lügen, Betrügen und Stehlen).

Quellen:

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Volksmudschahedin

  2. https://taz.de/!341596/

  3. https://japantoday.com/category/national/japan-demands-more-u.s.-proof-that-iran-attacked-tankers