Echt SPD!
von Rainer Rupp
erschienen am 13.04.1999 in der Jungen Welt
Wie beendet man einen Krieg, den man angefangen hat, um einen Krieg zu verhindern?
Während des Kalten Krieges stand die SPD gegenüber der von den USA dominierten NATO immer unter Beweisnot, keine verkappte rote Partei zu sein. Folglich wurden unter den SPD-Regierungen von Brandt und Schmidt der NATO ihre geheimsten Wünsche von den Lippen gelesen. Unter keiner konservativ-liberalen Regierung hatte es die NATO so einfach, ihren Willen in Bonn durchzusetzen, wie unter den Sozialdemokraten, die keine Gelegenheit ausließen, der Bourgeoisie ihre Treue zur atlantischen »Wertegemeinschaft« der maximalen Kapitalverwertung zu bezeugen. Niemand erfüllte z. B. der NATO und der Bundeswehr mehr Waffenwünsche als der SPD- Verteidigungsminister Leber. Nur unter SPD-Regierungen wurde die Steigerung der Rüstungsausgaben entsprechend der NATO-Erwartungen folgsam und ohne Zögern erfüllt. (Als Helmut Kohl dann in Bonn an die Regierung kam, änderte sich das schlagartig.) So ist es nur folgerichtig, daß ausgerechnet unter Führung eines SPD-Kanzlers der Rubikon der deutschen Nachkriegsgeschichte überschritten wurde und Deutschland wieder ganz unverkrampft einen Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat führt, in Tätergemeinschaft mit den wegen staatsterroristischer Aktionen bereits wiederholt auffällig gewordenen Vereinigten Staaten von Amerika.
In der klassischen griechischen Tragödie geht der Held sehenden Auges in den Abgrund. Einige wenige, mutige Delegierte wagten gestern beim SPD-Sonderparteitag den Blick in den Abgrund, der sich durch den verbrecherischen Angriff gegen Jugoslawien aufgetan hat. Aber in geradezu begnadeter Einfältigkeit blickt die SPD-Führung einfach darüber hinweg. Sie will noch mehr und noch härter Krieg führen, um den Krieg zu beenden, den sie selbst mit angefangen hat, in der Absicht, einen Krieg zu verhindern.
Blödsinnige Argumentation? Keineswegs, echt SPD! Nur mit einem kleinen Fehler. Offiziell führt die SPD-Regierung in Bonn keinen Krieg gegen Jugoslawien. Sie setzt nur militärische Mittel ein