Es lebe der gute Krieg

Es lebe der gute Krieg

von Rainer Rupp

erschienen am 26.03.1999 in der Jungen Welt

»Eine Katastrophe für die Menschheit« nannte Papst Johannes Paul II. die NATO-Angriffe auf Jugoslawien. Auf die Kritik des Vatikans angesprochen, wehrte sich der deutsche NATO-General Naumann vehement, indem er als Grund für die Bombardierung Jugoslawiens wieder die alte Leier von der »humanitären Katastrophe im Kosovo« vorschob, die es abzuwenden gelte. Außerdem sei die Bomben-Entscheidung »den 19 demokratischen Staaten der NATO nicht leichtgefallen«, lamentierte er, um Verständnis und Mitgefühl für die Gewissensnöte seiner armen Generalskameraden heischend.

Samuel Berger, der Sicherheitsberater des US-Präsidenten, nannte indes vergangenen Sonntag in der »Washington Post« »die Demonstration, daß die NATO es ernst meine«, als einen der Hauptgründe für die Bombardierung. Untätigkeit »hätte der Glaubwürdigkeit der NATO schwer geschadet«, meinte ein namentlich nicht genannter europäischer NATO-Diplomat in der »International Herald Tribune«.

Zur Mobilisierung der öffentlichen Meinung für den Krieg beschwor Präsident Clinton in seiner Rede an die Nation das Bild von »Kindern im Visier der serbischen Scharfschützen«. Am Rande der Rede bemerkte jedoch einer seiner außenpolitischen Berater, daß »es überall auf der Welt schlimme Blutbäder« gebe, »in die wir uns nicht einmischen«. Der einzige Unterschied bestehe darin, daß das Kosovo im Herzen Europas liege. »Meiner Meinung nach«, so der Präsidentenberater, »steht allerdings hier die Zukunft der NATO selbst auf dem Spiel, denn wenn sie sich als unfähig erweist, mit einer schlimmen Bedrohung mitten in Europa fertig zu werden, dann verliert die NATO ihre Daseinsberechtigung«.

Darum geht’s und nicht um irgendwelche humanitären Operationen. Die Zukunft und die Glaubwürdigkeit der NATO im nächsten Jahrzehnt stehen auf dem Spiel. Ohne diese Glaubwürdigkeit steht das ganze Konzept der Ost-Erweiterung und neuen strategischen Rolle der NATO auf dem Spiel und somit die neue Weltordnung der Pax Americana.

Haben wir nun die neue NATO? Mit dem Angriffskrieg gegen Jugoslawien ist der Rubikon überschritten. Der Gewaltreflex der USA hat sich jetzt auch in der von Washington geführten NATO etabliert.