Französischer Minister: „Wir haben Hundert Molenbeeks“
von Rainer Rupp
erschienen am 7.Mai 2016 via KenFM
„Eine salafistische Minderheit ist dabei, in Frankreich den ideologischen Kampf innerhalb des Islams zu gewinnen“, warnte (1) der französische Ministerpräsident Manuel Valls am Montag den 4. April, bei einer von RTL-Fr übertragenen Runden-Tisch-Diskussion über den Islam und Populismus in Frankreich. Damit weicht Valls vom traditionellen linken Credo ab, dass nämlich islamistischer Terrorismus ausschließlich in Armut und Arbeitslosigkeit wurzelt. Zugleich verschärft er damit die Gangart der von (rechten) Sozialisten geführten Regierung in Paris gegenüber dem Islam.
Tatsächlich haben sich in den letzten Wochen und Monaten linke Regierungsvertreter durch deutliche Erklärungen in den Medien zunehmend den Positionen des zuvor lautstark als rechtsradikal verteufelten Front National angenähert. Mit ihren betont populistischen, anti-islamischen Reden versuchen sie, eine Entwicklung einzuholen, die sich in allen Schichten der französischen Bevölkerung längst vollzogen hat. Jüngste Erhebungen belegen das.
Am 28. April veröffentlichte z.B. der „Le Figaro“, eine führende Tageszeitung, die Ergebnisse einer Umfrage (2) des Ifop-Instituts, wonach das Misstrauen gegenüber dem Islam auch unter linken Wählern stark zugenommen hat. Das war bisher ausschließlich in konservativen Bevölkerungsgruppen vermutet worden. Nun aber habe sich Dank der Ifop-Umfrage, die im Zeitraum vom 14. bis 18. April 2016 geführt wurde, herausgestellt, dass die Ablehnung des Islam inzwischen auch „links weit verbreitete ist und tief sitzt. So waren im Jahr 2010 noch 39 Prozent der Wähler der Sozialistischen Partei der Meinung, „dass die Rolle des Islam in der Gesellschaft bereits zu groß ist“. Heute denken bereits 52 Prozent so.
Die Umfrage bestätige „eine globale Ablehnung des Islam in Frankreich“, so der Figaro. Aber die Ursachen seien tief verwurzelt. Das zeigen Studien des gleichen Instituts, die bis 1989 zurückgehen. Damals waren z.B. noch 33 Prozent der Franzosen gegenüber dem Bau von Moscheen positiv eingestellt, heute sind es nur noch 13 Prozent. Damals lehnten 31 Prozent das Tragen eines Schleiers in der Öffentlichkeit ab, heute sind es 63 Prozent.
Dieser breite Stimmungsumschwung in der Bevölkerung scheint inzwischen auch Vertreter der sozialistischen Regierungskoalition in Paris ermutigen zu haben, die überhand nehmenden Probleme mit gewaltbereiten und nicht integrationswilligen, islamischen Minderheiten ohne die bisherige Rücksicht auf „politische Korrektheit“ beim Namen zu nennen. Beispielhaft dafür ist Patrick Kanner, Frankreichs Minister für Städtische Gebiete. Am 27. März hat er auf TV-Europe1 nämlich auf die wiederholte Frage: „Wie viele Molenbeeks gibt es in Frankreich?“ erklärt (3): „Es gibt heute – und das wissen wir – Hundert Stadtviertel, die ein ähnliches Potential für das haben, was in Molenbeek passiert ist.“
Molenbeek ist heute in der ganzen Welt als der Stadtteil von Brüssel bekannt, der zu einem Epizentrum des Dschihad in Europa geworden ist. Das Viertel ist unter Kontrolle radikalisierter Salafisten, aus dem die Killer der Mordkommandos von Paris vom 13. November 2015 und der jüngsten Anschläge am Brüsseler Flughafen und der U-Bahn-Station Maalbeek kamen. Danach konnten sich die überlebenden Mörder in Molenbeek verstecken, ohne dass sie an die belgischen Sicherheitsdienste verraten worden wären. Ohne die loyale Unterstützung durch die lokale Bevölkerung wäre das nicht möglich gewesen.
Reflexhaft verurteilten etliche von Kanners Parteifreunden den Minister. Der erste Sekretär der Sozialistischen Partei, Jean-Christophe Cambadélis, warf ihm sogar vor (4), die „nationalen Harmonie aufzulösen“. Und Julien Dray, eine weitere führende Figur der Sozialistischen Partei beschuldigte Kanner (5): „Ich mag es nicht, wenn wir Leute stigmatisieren“.
Dafür sind andere führende Mitglieder der sozialistischen Partei, die selbst einen Migrationshintergrund haben und denen man schlecht Rassismus vorwerfen kann, Kanner zur Seite gesprungen. Der sozialistische Abgeordnete Malek Boutih erklärte (6): „Es ist das erste Mal, dass ein für die Vororte zuständiger Minister wenigsten ein bisschen von der Wahrheit gesagt hat, dass nämlich die Ghettos nach und nach in Zonen umgewandelt worden sind, die wir kaum noch kontrollieren können. … Diese Vororte sind zu Brutkästen für Terroristen geworden.“ Und Samia Ghali, Senatorin von Bouches du Rhones (Sozialistische Partei), verschärfte (7) Kanners Aussagen: „Es gibt Trainingslager in den Vororten von Marseille wo Leuten das Schießen … mit Kalaschnikow beigebracht wird.“
Ministers Kanners Ansicht (8), dass „die Salafisten in bestimmten Vororten die Macht übernehmen wollen“, hat sich inzwischen offensichtlich auch Ministerpräsident Valls angeschlossen, wenn er erklärt, – wie wir eingangs gesehen haben – dass die salafistischen Minderheiten dabei sind, in den muslimischen Stadtvierteln den ideologischen Kampf zu gewinnen.
Vor diesem Hintergrund kann die deutsch-französische Kluft bezüglich der Aufnahme und der EU-weiten Verteilung von Hundert Tausenden von Migranten und Flüchtlingen aus dem Mittleren Osten in Zukunft nur noch größer werden.
Quellenhinweise: