Friedenslösung mit Bombardements?
von Rainer Rupp
erschienen am 08.05.1999 in der Jungen Welt
Zur Doppelstrategie des BRD-Außenministers
Während sich auf dem Bonner Petersberg die Außenminister der G-8-Staaten zu ihrer gemeinsamen, aber vage formulierten »Friedenserklärung« für das Kosovo gratulierten, trat in Brüssel der deutsche Generalmajor Walter Jertz als Sprecher des Internationalen Militärstabs der NATO vor die Presse und gab sich wie gehabt martialisch: »Wir werden sie festnageln, abschneiden und zerstören«. Er sprach von den serbischen Sicherheitskräften im Kosovo. Was den Krieg gegen den deutschen Erzfeind Serbien betrifft, so steht nicht nur Außenminister Fischer, sondern auch das deutsche Militär in historischer Kontinuität.
Doppelstrategie ist das Schlagwort der letzten Tage. Auf dem Petersberg redeten und speisten die NATO-Diplomaten für den Frieden, und die NATO-Militärs arbeiteten auf ihre Weise und warfen weiterhin Bomben. Und nicht etwa weniger, sondern mehr. Seite an Seite mit Kriegskanzler Schröder verkündete Präsident Clinton, daß die Bombardierung noch weiter verstärkt würde. Demnach sollen nach dem Willen der Kriegsallianz weiter unschuldige Menschen sterben, und alles nur, um das Gesicht und die Glaubhaftigkeit der NATO zu wahren, als ob sie nicht schon hinlänglich ihre Bereitschaft demonstriert hätte, Jugoslawien in die Steinzeit zurückzubomben.
Der wichtigste Teil der vom Fischer-Ministerium als großer Fortschritt hochgelobten »Friedens«-Erklärung vom Petersberg ist der Teil, der fehlt, nämlich die Ankündigung eines Bombardierungsstopps. Statt dessen verfolgt auch Fischer eine innen- und parteipolitische Doppelstrategie. Um seine Position (»Ich habe alles getan, um den Frieden zu sichern«) beim bevorstehenden grünen Parteitag zu stärken, braucht er in der Öffentlichkeit unbedingt »Friedenserfolg«.
Neben dem Bombenstopp, der in der Petersberger Erklärung ganz fehlt, zielt ein guter Teil der Forderungen der G-8- Außenminister einzig darauf, das Unheil, das das Angriffsbündnis seit Beginn der NATO-Bombardierung angerichtet hat, wieder einigermaßen rückgängig zu machen bzw. den angerichteten Schaden zu begrenzen. Ein Beispiel ist die Forderung: »Sichere und freie Rückkehr aller Flüchtlinge und Vertriebenen und ungehinderter Zugang zum Kosovo für humanitäre Hilfsorganisationen.« In schon gewohnter NATO-Manier wird hier wieder Ursache und Wirkung auf den Kopf gestellt. Die ausländischen Helfer der internationalen humanitären Organisationen hatten bereits ungehinderten Zugang. Vor Beginn der Bombardierung wurden jedoch die Helfer von deren Zentralen zu ihrem eignen Schutz aus dem Kosovo abgezogen. Dadurch brach die Verteilung von Hilfsgütern, Medizin und Lebensmitteln in den ohnehin schon vom Kampf gegen die UCK betroffenen Regionen des Kosovo zusammen. Durch die Bombardierung von Brücken, Wegen und Schienen wurden zusätzlich noch die restlichen Versorgungswege blockiert, so daß vielen Menschen in den betroffenen Regionen nichts anderes übrig blieb, als Haus und Hof zu verlassen und sich in die allgemeine Flüchtlingsbewegung einzureihen.
Ähnliches gilt für die Forderung nach einem »unverzüglichen und nachprüfbaren Ende der Gewalt und Unterdrückung im Kosovo«. Durch den von den USA betriebenen Abzug der OSZE-Beobachter zwecks Beginn der Bombardierung wurde überhaupt erst die Situation geschaffen, in der die Lage im Kosovo nicht mehr überprüfbar wurde und die Gewalt durch die Aufwertung der terroristischen UCK durch die NATO im Rahmen von Gegenaktionen der serbischen Sicherheitskräfte und besonders paramilitärischer Milizen, die auch die kosovo-albanischen Bevölkerung in Mitleidenschaft zog, unkontrollierbar eskalierte.