Gefährliche Zusammenstöße in Syrien zwischen US–und russischen Soldaten
von Rainer Rupp
erschienen am 24.Januar 2020 via KenFM
Vergangenen Dienstag, den 21. Januar berichtete der US-Propagandasender „Stimme Amerikas“ (VOA), dass bei den widerrechtlich von US-Militär besetzten syrischen Öl-Feldern in der Nähe der Grenze zu Irak ein russischer Militärkonvoi von US-Elitesoldaten daran gehindert wurde, eine wichtige Verbindungsstraße zwischen zwei kurdischen Städten zu benutzen. Das habe die ohnehin bereits vorhandenen Spannungen zwischen den beiden Seiten erhöht.
Unter Berufung auf das in Großbritannien beheimatete Ein-Mann-Unternehmen, das sich großspurig „Syrisches Observatorium für Menschenrechte“ nennt, und das seine Informationen hauptsächlich von Gegnern der rechtmäßigen AssadRegierung oder von britischen Desinformationsstellen bekommt, berichtete VOA am Dienstag (1), dass der russische Konvoi versucht habe, einen Grenzübergang zwischen Syrien und dem Irak zu erreichen, der unter der Kontrolle der von den USA bezahlten kurdischen Söldnern steht. Diesen von Washington schwer bewaffneten Milizen war von der Abteilung für Psychologische Kriegsführung im Pentagon der hochtrabende Name „Syrische Demokratische Streitkräfte (SDF) verliehen worden.
Im Oktober 2019 hatte das türkische Militär, unterstützt von Türkenfreundlichen, islamistischen Milizen aus Syrien eine Offensive entlang der türkischen Grenze gegen die kurdischen SDF-Kämpfer gestartet, in denen Ankara eine terroristische Organisation sieht. Unmittelbar nach Beginn der Offensive hatte Trump dem US-Militär den Befehl zum Rückzug aus den von SDF-Kämpfern kontrollierten Gebieten in Nordsyrien gegeben.
Kaum war die präsidentielle Rückzugsorder ausgesprochen, da wurde sie auch schon wieder von den Vertretern des Tiefen Staates im Pentagon unterlaufen und ein Kontingent von etwa 500 US-Soldaten hat sich seither in dem bereits erwähnten, ölreichen Gebiet der syrischen Provinzen Deir Ezzor und Hasakah festgesetzt, um der Regierung in Damaskus den Zugriff auf die Öl-Ressourcen ihres eigenen Landes zu verweigern. Ohne Wenn und Aber gehört das Öl der rechtmäßigen Assad-Regierung und somit dem ganzen syrischen Volk. Offiziell verteidigt das Pentagon dieses frechen Diebstahl mit dem Argument, die US-Soldaten müssten die Ölfelder schützen, um zu verhindern, dass Truppen des islamischen Staates das Gebiet zurückerobern, ein Sprachregelung, die inzwischen auch Trump übernommen hat, um von der Befehlsweigerung des Pentagon abzulenken.
Mit den Erlösen aus dem geförderten und verkauften Öl bezahlt seither das Pentagon die kurdische SDF-Söldnertruppe, die sich nur mit US-Unterstützung in dem Gebiet um Deir Ezzor halten kann. Denn diese Region ist fast ausschließlich von syrischen Arabern bewohnt, die dort seit Jahrhunderten ihre angestammte Heimat haben. Für die sind die SDF-Söldner genauso unwillkommene Besatzer wie die US-Soldaten.
Derweil ist russisches Militär im Rahmen des Waffenstillstandsvertrags, der mit der Türkei für das Gebiet entlang der türkisch-syrisch/kurdischen Grenze ausgehandelt wurde, zur Sicherung der Region in die kurz zuvor von den US-Soldaten verlassenen Basen eingezogen. Russische und US-Soldaten, die sich nicht gerade freundlich gesinnt sind, operieren inzwischen in demselben Gebiet, oft in unmittelbarer Nähe von ein ander, weshalb eine Konfrontation wie die oben geschilderte nicht die erste war und ganz sicher auch nicht die letzte sein wird.
„Dies ist der dritte Vorfall innerhalb einer Woche„, zitiert VOA den lokalen Reporter Nishan Mohammad als Zeugen dieser „neuen Pattsituation zwischen US-amerikanischen und russischen Truppen im Nordosten Syriens“. Er habe bereits „letztes Wochenende gesehen, wie US-Soldaten russische Militärfahrzeuge anhielten und sie zwangen, zu ihrer Basis zurückzukehren“, sagte Nishan Mohammad in einem Telefoninterview mit VOA am Dienstag dieser Woche. Und er fügte hinzu, dass es die USA seien, die anscheinend „die russische Präsenz in bestimmten Teilen Nordost-Syriens einschränken“ wollten.
Dennoch versucht die „Stimme Amerikas“ (VOA) die Lage so darzustellen, als ob die Erhöhung der Spannungen auf russische Provokationen zurückzuführen sei. Wörtlich heißt es: „Angesichts der Tatsache, dass syrische Truppen jetzt das meiste Territorium unter Kontrolle haben, das einst von Rebellen besetzt war, werfen nun Experten Russland vor, mit den jüngsten Schritten in Nordost-Syrien zu versuchen, die Autorität der syrischen Regierung in dieser Region zu bekräftigen.“ Zur Unterstützung dieser These wird der angebliche SyrienExperte Radwan Badini zitiert, der Journalismus und Politik an der SalahaddinUniversität in Irbil, in dem US-abhängigen Irakisch-Kurdistan unterrichtet. Russlands klares Ziel sei es, „die Autorität des (syrischen) Regimes in der kurdischen Region wiederherzustellen“, so Radwan Badini gegenüber VOA, der dann praktisch Wort für Wort die Rechtfertigung des Pentagons für das USVölkerrechtsverbrechen in Syrien zitiert. (Zur Erinnerung: Im Gegensatz zu den Amerikanern und ihren NATO-Vasallen sind die russischen Operationen völkerrechtlich gedeckt, weil sie auf ausdrückliche Einladung der rechtmäßigen syrischen Regierung geschehen.
Ganz im Sinne Washingtons sagte denn auch Radwan Badini, dass „die russischen Provokationen weder für Moskau Vorteile bringen und noch vor Ort in den Gebieten um Deir Ezzor und Hasakah etwas ändern“ werden, „da der Nordosten Syriens für die USA im weiteren Krieg gegen den IS von strategischer Bedeutung ist. Die Amerikaner werden diesen Teil Syriens nicht aufgeben, weil der Nordosten des Landes neben seinen Ölfeldern eine strategische Tiefe für die USA und ihre Verbündeten darstellt, um ihre Bemühungen zur Terrorismusbekämpfung in Ost-Syrien fortzusetzen“, so Badini.
Tatsächlich ist ISIS in Syrien längst neutralisiert, aber nicht durch die US-Streitkräfte. Denn die US-Luftwaffe,– und das ist kein Witz – , hatte zu keinem Zeitpunkt, angeblich aus Sorge um zivile Opfer (2) und aus Umweltschutzgründen (3), die endlosen Tankerkolonnen bombardiert, mit denen ISIS das gestohlene syrisches Öl in die Türkei schaffte, um den Nachschub für die Terrororganisation zu finanzieren. Denn die CIA konnte schließlich nicht alles liefern, was die Kopfabschneider brauchten.
Mit weitaus weniger Flugzeugen als die US-Luftwaffe mit ihren ständigen, aber fingierten Einsätzen gegen ISIS, machten dann die Russen in kürzester Zeit dem ISIS-Öltankergeschäft den Garaus. Die versprengten ISIS-Terroristen, die sich dem Zugriff der von Russland unterstützten, siegreichen syrischen Regierungsarmee haben entziehen können, haben seither entweder das Land verlassen und sind längst auf dem Weg in ihre Herkunftsländer oder sie sind mit Hilfe der Türkei unterwegs nach Libyen, um dort auf der Seite der Islamisten gegen die Armee von General Haftar weiter für den Heiligen Krieg zu kämpfen.
US-Präsident Trump hatte damals vollkommen Recht, als er seinen Abzugsbefehl für das US-Militär aus Syrien mit dem Verweis begründete, dass ISIS in Syrien besiegt war und keine neue Chance mehr haben würde. Dennoch hat Trump inzwischen die Argumentationsweise der Verweigerer seines Abzugsbefehls übernommen, wonach ISIS auch in Syrien immer noch eine Gefahr für die USA darstellt, weshalb die US-Besatzung vor allem in der Region der syrischen Öl-Vorkommen mit gerechtfertigt sei.
Zuletzt hat Trump diese Woche Mittwoch in Davos am Rande des so genannten Weltwirtschaftsforums über Syrien gesagt (4): „Wie Sie wissen ist es sehr wichtig, dass wir das Öl haben. Und wir haben Soldaten für das Öl zurückgelassen, weil wir das Öl nehmen und damit arbeiten, und wir haben es sehr gut gesichert.“
Tatsächlich hat Washington mit seiner anhaltenden Besatzung dieses Teils von Syrien etwas ganz anderes im Sinn, nämlich die strategisch wichtigen Straßenverbindungen von Iran über Irak nach Syrien und von dort weiter in den Libanon zu kontrollieren und nach Bedarf zu blockieren und zugleich Assad den Zugriff auf die Öleinkommen zu verweigern, um so den Wideraufbau des zerstörten Landes zu erschweren. Der US-Humanismus lässt grüßen.
Der syrische Präsident Assad hat derweil seinen Landsleuten versprochen, alle Gebiete des souveränen Staates Syrien zu befreien, wozu insbesondere auch die Provinzen Deir Ezzor und Hasakah gehören. Und auch in diesen Provinzen vertreten die russischen Streitkräfte die Interessen ihres Verbündeten Assad und der syrischen Armee.
Bei den bisherigen drei gefährlichen Konfrontationen, bei denen sich russische und amerikanische Elitesoldaten der zwei Großmächte mit entsicherten Waffen Aug in Aug gegenüber standen, ist es zum Glück noch nicht zu einem Schusswechsel gekommen. Die klügere, russische Seite hat nicht eskaliert sondern ist abgezogen. Aber je mehr die Amerikaner versuchen, in diesem sensiblem Gebiet die Bewegungsfreiheit der Russen einzuengen, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Situation der Kontrolle entgleitet und tödliche, schicksalhafte Entwicklung zwischen den beiden nuklear bewaffneten Supermächten auslöst.
Quellen: