Leserbrief: Sparkassen im globalen Spielkasino dabei

Leserbrief: Sparkassen im globalen Spielkasino dabei

von Rainer Rupp

erschienen am 01.09.2024 in der Jungen Welt

Zu jW vom 26. August: Interview mit Marcel Brack »Warum wird im Osten immer weniger gespart?«

Das Interview habe ich mit Interesse gelesen. Es bestätigte aber nur, was wir alle schon seit langem wußten: Den Menschen im Osten geht es noch schlechter als denen im Westen, es wird weniger gespart, und um den Lebensstandard zu erhalten, müssen viele sogar auf ihre Spareinlagen zurückgreifen, die insgesamt letztes Jahr um 0,3 Prozent zurückgingen.

Auf einen wichtigen Aspekt wurde beim Interview leider überhaupt nicht eingegangen: Wie groß ist der Anteil der ostdeutschen Spareinlagen, der in den neuen Bundesländern nicht als Konsum oder Investitionskredite in Anspruch genommen wird und statt dessen in den Westen oder auf internationale Finanzmärkte fließt???

Ursprünglich waren die Sparkassen gegründet worden, um die lokalen und regionalen Spareinlagen zu sammeln und sie dann zur Förderung der lokalen/regionalen Wirtschaftsstruktur als Investitionskredite den ortsansässigen Kleinbetrieben und Handwerkern zur Verfügung zu stellen, weil die so gut wie keinen Zugang zu den Großbanken hatten, die zudem in der Regel höhere Zinsen verlangten. So war es im letzten Jahrhundert, und heute ist die Situation der Kleinbetriebe im Osten wieder ähnlich schwierig.

Von der ursprünglichen Funktion der Sparkassen ist nicht viel gebleiben. In den 60er und 70er Jahren wurden sie wiederholt »reformiert«, ganz im Sinne kapitalistischer Kapitalverwertung. Zwar fungieren sie auf regionaler Ebene immer noch besser als jede Großbank als »Staubsauger« für die vielen kleinen Spareinlagen, die aber werden immer weniger dem regionalen Wirtschaftskreislauf zurückgeführt.

Statt dessen beteiligen sich auch die Landeszentralen der Sparkassen schon seit langem zwecks Erzielung höherer Zinserträge am »globalen Spielkasino« der internationalen Anlage- und Spekulationsgeschäfte.

Betriebswirtschaftlich macht so was Sinn und wirkt sich gewinnsteigend für die Sparkassen aus, die sich davon so manchen teuren Glas- und Marmorpalast finanzierten, ganz abgesehen von den Spitzengehältern ihrer global agierenden Finanzexperten. Für die Regionen, aus denen die vielen kleinen Spareinlagen kommen, wirkt sich das nachteilig aus, denn dort fehlt das Kapital für die vielen kleinen aber wichtigen Investitionen. (…)

Rainer Rupp, JVA Saarbrücken