Schaumschlägerei im Auswärtigen Amt

Schaumschlägerei im Auswärtigen Amt

von Rainer Rupp

erschienen am 09.11.1999 in der Jungen Welt

Irak-Koordinator der UNO behält Posten. AA-Chef Fischer spielt Sponeck-Retter

Hans von Sponeck bleibt im Amt. Bundesaußenminister Joseph Fischer höchstpersönlich wollte sich nach einem Bericht des Deutschlandfunks hinter den von Washington und London angefeindeten deutschen UNO-Koordinator für Humanitäre Angelegenheiten im Irak stellen. Die britische und die amerikanische Regierung hatten hinter den Kulissen der UNO alles getan, damit von Sponeck von seinem Posten im Irak gefeuert würde. Der hatte nämlich vor einigen Monaten öffentlich die nun schon neun Jahre dauernden UN-Sanktionen kritisiert, wodurch er – so die Amerikaner – seine Kompetenzen überschritten habe. Die US-Regierung, die das Vertrauen der UNO schwer mißbraucht und UNO-Missionen nachweislich zu Spionagezwecken genutzt hatte, wirf von Sponeck außerdem vor, nicht energisch genug gegenüber Bagdad aufzutreten. Sehr zum Ärgernis Washingtons hatte der deutsche Diplomat noch vorletzte Woche die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates aufgefordert, Hilfslieferungen an die Zivilbevölkerung des Irak von den Fragen der Rüstungskontrolle zu trennen.

Unter den Sanktionen leidet hauptsächlich die Zivilbevölkerung, insbesondere Kinder. Der Vorgänger Hans von Sponecks, der Ire Denis Halliday, hatte wiederholt die von den anglo-amerikanischen Menschenrechtskriegern verursachte Tragödie im Irak vor der internationalen Presse angeklagt. Der Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten kostet alljährlich zigtausend Kinder das Leben. Von Sponeck hatte diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit bisher nur einmal öffentlich angeprangert. Daß die Briten und Amerikaner, die auch weiterehin nahezu täglich Angriffe gegen den Irak fliegen, nun so empfindlich auf Kritik reagieren, läßt auf die Spannungen hinter der UNO-Kulisse schließen, wo die amerikanisch-britische Bombenfraktion sich politisch zunehmend isoliert sieht.

Außenminister Joseph Fischer reagierte allerdings viel zu spät auf die Versuche der beiden Führungsmächte der westlichen »Wertegesellschaft«, die kritische und unbequeme Stimme des deutschen UNO-Beamten loszuwerden. Seine Ankündigung, Hans von Sponeck zu Hilfe zu eilen, verbunden mit der großspurigen Ankündigung, mit seiner Duzfreundin Madeleine Albright »zu sprechen«, kam zu einem Zeitpunkt, da die Entscheidung längst gefallen war. Bereits am Dienstag vergangener Woche war in der International Herald Tribune zu lesen, daß von Sponeck im Irak bleiben wird. Fred Eckard, Chefsprecher der UNO in New York, hatte erklärt, UN-Generalsekretär Kofi Annan habe von Sponeck trotz der Proteste ein weiteres Jahr in seinem Amt bestätigt. Joseph Fischer scheint sich mal wieder mit fremden Federn schmücken zu wollen, um sich für die grüne Kulisse als »Retter« des kritischen Herrn von Sponeck produzieren zu können.