Soll Assange außergerichtlich eliminiert werden?

Soll Assange außergerichtlich eliminiert werden?

von Rainer Rupp

erschienen am 12. November 2019 via RT deutsch

Erneute UN-Folterwarnung: Whistleblower Julian Assange ist in großer Gefahr, an den extremen Haftbedingungen in Großbritannien zu sterben. Den westlichen Politikern und Medien, die stets Menschenrechte predigen, ist das offensichtlich vollkommen egal.

von Rainer Rupp

In einer öffentlichen Erklärung hat ein Experte der Vereinten Nationen für Folterdiagnostik in der vergangenen Woche erneut deutlich gewarnt, dass Gesundheit und Leben des australischen Whistleblowers Julian Assange auf der Kippe stehen. Unter westlichen Politikern und ihrer willigen Presse herrscht jedoch das bekannte „Schweigen im Walde“.

Man muss sich nur einmal den hysterischen Aufschrei dieser Heuchler vorstellen, wenn Assange unter diesen Bedingungen in einem russischen Gefängnis festgehalten würde. Wer noch nach einem weiteren Beweis für die Verdorbenheit der britischen, amerikanischen aber auch der deutschen Regierungen sucht, die so gerne die restliche Welt über Demokratie, Menschenrechte und internationales Recht belehren, der hat ihn am Beispiel der Behandlung von Julian Assange gefunden.

Der 48-jährige Assange befindet sich seit April dieses Jahres in einem Hochsicherheitsgefängnis in London. Zuvor konnte er gewaltsam von der britischen Polizei aus der ecuadorianischen Botschaft „abgeholt“ werden. Zufällig (!) hatte Washington gerade einen großen IWF-Kredit für Ecuador ermöglicht. Die neue Regierung in Ecuador hat den Flüchtling Assange in einem schwindelerregendem Verstoß gegen das Völkerrecht für einen prall gefüllten Sack Silberlinge verhökert, nachdem er seit fast sieben Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London Asyl gefunden hatte, um nicht – über Schweden oder direkt – an die USA ausgeliefert zu werden. Aber die britischen Schoßhunde der Amerikaner tun nun alles, um ihren Herrchen in Washington, D.C. zu gefallen.

Assange hätte schon am 22. September freigelassen werden sollen, als sein Urteil wegen einer früheren Kautionsverletzung zugestellt worden war. Stattdessen beugte ein britischer Richter das Recht und ordnete die weitere Inhaftierung von Assange an – so lange nämlich, bis das von den USA gewünschte Auslieferungsverfahren gegen ihn im nächsten Jahr beginnt. Wenn Assange an die USA lebend ausgeliefert werden darf, drohen ihm 175 Jahre Gefängnis, falls er – wie angestrebt – wegen Spionage verurteilt wird. Und da er als Journalist bis dahin verheimlichte, schreckliche US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan dokumentiert und öffentlich enthüllt hatte, wäre es naiv zu glauben, dass er in Großbritannien oder in den USA ein faires Verfahren bekommen würde. Der erste Beweis ist bereits geliefert worden: Ihm wurde die ordnungsgemäße Konsultation seiner Verteidiger verweigert.

Assanges Veröffentlichungen auf der Whistleblower-Site WikiLeaks enthüllten auch Missstände der westlichen Diplomatie in mehreren Ländern sowie die illegale weltweite Spionage gegen unbescholtene Bürger durch US-Geheimdienste in Absprache mit deren britischen Kollegen.

Assange hat der internationalen Öffentlichkeit wichtige Informationen bekannt gemacht, die uns über die systematische Korruptheit von Washington und seinen Verbündeten aufklären. Weil er die Wahrheit gesagt hat, wird er jetzt verfolgt, genauso wie seine Whistleblower-Kollegen Chelsea Manning und Edward Snowden. Manning wurde in den USA wiederholt inhaftiert, während Snowden in Russland Asyl suchen musste, aus Angst, als „Verräter“ inhaftiert zu werden, wenn er in die USA oder überhaupt irgendwohin in den Westen zurückkehrt.

Nils Melzer, ein international anerkannter Experte für Folterbehandlung und UN-Beauftragter für dieses beschämende Thema, besuchte Assange bereits im Mai dieses Jahres im Gefängnis der Kategorie A in Belmarsh, während er in Einzelhaft isoliert war. Melzer kam damals bereits zu dem Schluss, dass Assange von den britischen Behörden psychisch gefoltert wurde. Sein damaliger Alarmruf basierte auf den seinerzeitigen medizinischen Diagnosen bezüglich Assanges Gesundheit und war wenig hoffnungsvoll.

Wie schon im Mai, schenkte die westliche Medienberichterstattung auch der jüngsten Erklärung von Nils Melzer gegenüber der Nachrichtenagentur AFP letzte Woche keinerlei Aufmerksamkeit – Keine Meldung wert! Es ist, als ob das Schicksal des unschuldig gequälten Assange von der westlichen Menschenrechtspresse bereits in ihrer Gedächtnislücke längst entsorgt ist – oder bewusst totgeschwiegen werden soll.

Die Erklärung Melzers lautete:

Herr Assanges Gesundheit ist in eine Abwärtsspirale zunehmender Angst, Stress und Hilflosigkeit geraten, die typisch ist für Personen, die längerer Isolation und ständiger Willkür ausgesetzt sind.

In einer düsteren Einachätzung fügte Melzer hinzu:

Während die genaue Entwicklung schwer mit Sicherheit vorherzusagen ist, kann sich dieses Symptommuster schnell zu einer lebensbedrohlichen Situation entwickeln, die einen kardiovaskulären Zusammenbruch oder einen Nervenkollaps zur Folge hat.

Melzer sagte, die Maßnahmen, die er im Mai ergriffen habe, um Assanges Gesundheit und Würde zu schützen, seien ausdrücklich ignoriert worden:

Was wir jedoch von der britischen Regierung gesehen haben, ist völlige Missachtung der Rechte und der Integrität von Herrn Assange. Trotz der medizinischen Dringlichkeit meiner Berufung und der Schwere der mutmaßlichen Verstöße hat das Vereinigte Königreich keine Maßnahmen zur Ermittlung, Vorbeugung und Wiedergutmachung ergriffen, die nach internationalem Recht vorgeschrieben sind.

Er fügte hinzu, dass Assanges Haftbedingungen in keiner Weise zu rechtfertigen seien.

Wörtlich sagte der UN-Folterbeauftrage Melzer:

Während die US-Regierung Herrn Assange wegen der Veröffentlichung von Informationen über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Folter und Mord, verfolgt, genießen die Täter, die für diese Verbrechen verantwortlich sind weiterhin Straflosigkeit.

Derweil befürchtet Assanges Vater, dass die Briten und Amerikaner gar nicht an einem Prozess interessiert sind. Weil dabei zu viel ihrer schmutzigen Wäsche ans Licht kommen würde, sei zu befürchten, dass die britischen und amerikanischen Behörden sich abgesprochen haben, seinen Sohn außergerichtlich zu töten.

Die Scheinheiligkeit der US-Medien wird durch deren jüngste Versuche unterstrichen, einen auf Präsident Trump im Weißen Haus angesetzten CIA-Mitarbeiter im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump auch noch als heldenhaften „Whistleblower“ zu glorifizieren. Im Gegensatz dazu verunglimpfen dieselben Medien den unbequemen Journalisten Assange als angeblichen „russischen Spion“ und zeigen eine erschreckend gefühllose Gleichgültigkeit gegenüber staatlich sanktionierter Folterung ihres „Kollegen“.

Wenn also ein sogenannter „CIA-Whistleblower“ den Herrschenden dient, gilt das als lobenswert. Wenn aber ein unnachgiebiger Whistleblower mit der Verbreitung unbequemer Wahrheiten die Macht herausfordert, indem er ihre Verbrechen enthüllt, dann wird er selbst als angeblicher „Verbrecher“ diskreditiert und bis zum Tod verfolgt und schon zu Lebzeiten totgeschwiegen.