Traf Anschlag im Kosovo versehentlich Amerikaner?

Traf Anschlag im Kosovo versehentlich Amerikaner?

von Rainer Rupp

erschienen am 18.12.1999 in der Jungen Welt

US-Soldat durch Mine getötet. KFOR vertuscht offenbar fehlgeleitete Attacke auf russische Einheit

Das Fahrzeug von Staff Sergeant Joseph E. Suponcic, Mitglied der amerikanischen Kommandotruppen »Special Forces«, fuhr am Mittwoch dieser Woche im Kosovo auf eine Mine. Suponcic wurde getötet, sein Fahrer verletzt. Damit wäre der Soldat der erste amerikanische Tote im Kosovo, der nicht durch Unfall ums Leben gekommen ist. Nach Angaben von Pentagonsprecher Kenneth Bacon ist Sergeant Suponcic bereits das achte amerikanische Todesopfer seit Einmarsch der KFOR im Kosovo. Vier andere sind dem US-Verteidigungsministerium zufolge bei Verkehrsunfällen getötet worden, einer durch einen Stromschlag. Zwei weitere US-Soldaten sollen Selbstmord begangen haben.

Die Todesumstände des 26 Jahre alten Sergeant Suponcic geben zu denken. Bacon zufolge arbeitete der US-Soldat im Verbindungsstab zu den russischen Truppen, die im Kosovo innerhalb des amerikanischen Sektors eingesetzt sind. Das amerikanische »Humvee«, das leicht gepanzerte Fahrzeug, in dem er saß, befand sich bereits im russischen Teil des amerikanischen Sektors, als es gegen 21 UhrOrtszeit in der Nähe des Städtchens Kamenica, 30 Kilometer östlich von Pristina, auf eine Mine fuhr.

Pentagonsprecher Bacon erklärte am Donnerstag, es hätte auf der Straße, auf der das »Humvee« mit Suponcic und seinem Begleiter fuhr, gar keine Minen mehr geben dürfen: »Die Mine lag auf der Straße, die bereits von Minen geräumt war. Es gibt zwar noch Minen auf beiden Seiten der Straße, aber sie (die Soldaten) fuhren auf der Straße.«

Ein US-Fahrzeug fährt also bei Dunkelheit im russischen Sektor auf eine Mine, und zwar auf einer Straße, die von Minen geräumt worden war. Vor dem Hintergrund der kosovo-albanischen Feindseligkeit gegenüber den russischen KFOR-Kontingenten liegt der Schluß nahe, daß es sich um einen Anschlag handelte, der die falsche Seite getroffen hat. KFOR selbst nahm dazu bislang keine Stellung.