Trotz Corona, US-Regime verschärft Wirtschaftskrieg gegen Iran
von Rainer Rupp
erschienen am 10.April 2020 via KenFM
Mitte März hatten 25 US-Menschenrechts- und Hilfsorganisationen die Trump-Administration aufgefordert, inmitten der COVID-19-Krise die Sanktionen gegen den Iran zu beenden, denn der Virus habe sich in Iran als besonders verheerend manifestiert. Zum Zeitpunkt des Aufrufs hatte es im Iran 21.638 bestätigte Fälle und 1.685 Corona-Tote gegeben. Mit Stand vom 7. April belaufen sich die Infektionen laut offiziellen Angaben aus Teheran auf 62.589 Fälle und die Zahl der Toten auf fast 4.000. (1)
Im gemeinsamen Appell der 25 US-Organisationen, zu der auch die nicht-zionistische, jüdische „J Street“ gehört, heißt es, dass die US-Sanktionen die Situation im Land zweifellos verschlechtern würden, denn dadurch würde die iranische Wirtschaft geschwächt und es würde schwieriger, die zur Bekämpfung der Seuche notwendigen medizinischen Produkte zu importieren. Der Appell, der als Mindestmaßnahme eine sofortige Aussetzung der Sanktionen für wenigstens 120 Tage forderte, war sowohl an Präsident Trump, als auch an seine Minister für Finanzen, Steven Mnuchin und an Außenminister Mike Pompeo gerichtet.
Es sei auch im Interesse der USA, wenn auch im Iran die weitere Ausbreitung des Virus eingedämmt würde. Zugleich wäre das eine starke humanitäre Geste für die mehr als 80 Millionen Iraner, die unter der Pandemie leiden. Die Sanktionen würden es den einfachen Menschen in Iran erschweren, grundlegende Güter und Dienstleistungen zu sichern, um die Krise zu überstehen“, hieß es in dem Brief. (2)
Aber auch die Hohe Kommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, die von 2014 bis 2018 Ministerpräsidentin Chiles war, hatte angesichts der Corona-Krise ein Ende der US-Sanktionen nicht nur gegen Iran gefordert, sondern auch gegen Kuba, Venezuela und andere Länder, die der US-Hegemon bestraft, weil sie sich nicht unterordnen wollen. Auch in der Erklärung von Bachelet vom 24. März 2020 stand die Sorge im Vordergrund, dass die US-Sanktionen sich negativ auf die notwendigen Importe von wichtigen medizinischen Geräten und Vorräten zur Bekämpfung der Seuche auswirken. (3)
Wenige Tage zuvor, am 19.03.2020, hatte der iranische Präsident Hassan Rouhani in einem Appell das amerikanische Volk gebeten, die Regierung in Washington dazu zu bewegen, angesichts der explosionsartig sich ausbreitenden, schweren Corona-Erkrankungen mit vielen Todesfällen in seinem Land, die US-Sanktion gegen Iran aufzuheben. Die rechtswidrigen US-Sanktionen würden Irans Wirtschaft schwächen und damit auch die Fähigkeit des Landes, im Kampf gegen den Virus zu bestehen. Wörtlich hieß es im Appell: „Die Sanktionen töten buchstäblich Unschuldige“.
Hier ist es wichtig zu wissen, dass die US-Sanktionen z.B. gegen Iran nicht nur Exporte aus den USA betreffen, sondern auch aus anderen Ländern in den Iran. Aufgrund ihrer Marktmacht und ihrer weitgehenden Kontrolle über das international vernetzte Finanzsystem nehmen sich die kriminellen Machthaber des US-Regimes das Recht des Stärkeren heraus, jede Firma, egal aus welchem Land sie ist, mit hohen Geldstrafen zu belegen, wenn die z.B. mit Iran oder Cuba oder Venezuela Handel treibt. Und wenn dann diese Firma, z.B. aus der EU, die US-Strafe nicht bezahlen will, werden alle ihre Guthaben in den USA vom US-Finanzministerium eingefroren oder gar eingezogen, und die Firma selbst wird auf eine US-Boykottliste gesetzt, sodass sie keine Geschäfte mehr mit ihren Kunden in den USA tätigen kann.
Ein kleiner Rückblick: Nach dem Atomabkommen von 2015 zwischen Iran, den USA unter Präsident Obama, der EU, vertreten durch Deutschland, Frankreich und Großbritannien, und Russland und China waren die internationalen Sanktionen gegen den Iran aufgehoben worden. Das war quasi eine Gegenleistung dafür, dass Teheran die Beschränkungen seines nationalen Atomprogramms akzeptierte, obwohl diese Einschränkungen über die im UN-Nichtweiterverbreitungsvertrag vorgesehen Grenzen weit hinausgingen.
Unter starkem zionistischem Einfluss kündigte Donald Trump im Jahr 2018 dann einseitig den Atomvertrag mit Iran. Zugleich verhängte er erneut brutale Sanktionen gegen das Land, um Teheran zu zwingen, den Vertrag mit für Teheran inakzeptablen Zugeständnissen an Washington neu zu verhandeln. Mit diesem Schritt stand Trump jedoch ziemlich allein da. Nicht einmal seine wichtigsten europäischen Verbündeten folgten ihm.
In diesem Zusammenhang muss hervorgehoben werden, dass Washington den Atomvertrag mit Iran gar nicht einseitig aufheben kann, denn das Abkommen ist unter den Auspizien der Vereinten Nationen multilateral zwischen Iran, den USA und den oben genannten anderen Ländern abgeschlossenen worden. Auch wenn die USA einseitig ausgetreten sind, gilt der Vertrag weiter. Dennoch hat das Oligarchen-Regime in Washington seither versucht, dem Rest der Welt seinen Willen aufzuzwingen, wobei die neuen US-Sanktion ein recht erfolgreiches Mittel zum Zweck waren und bis heute sind.
Selbst große chinesische Unternehmen halten sich an die US-Sanktionen, wenn sie zugleich auf dem US-Markt vertreten sind. Das ist auch der Grund, weshalb auch Unternehmen der Europäischen Union sich bisher geweigert haben, die wieder normale Geschäftsbeziehungen zum Iran aufzunehmen, trotz wiederholter Ermunterungen durch die EU-Kommission in Brüssel und durch ihre nationalen Regierungen. Die Angst vor den extrem teuren US-Strafmaßnahmen ist einfach zu groß.
Dennoch war jetzt das Regime in Washington wegen einer Trotzreaktion der EU alarmiert. Im Rahmen von Instex kam es in den letzten Tagen zur allerersten wirtschaftlichen Transaktion zwischen EU-Firmen und Iran. Das im Januar 2019 gegründete Instex gilt als wichtigstes Instrument der EU bei ihrem Versuch, das Atomabkommen mit dem Iran trotz des Ausstiegs der USA zu retten. Über diese Instex-Zweckgesellschaft soll nun der Zahlungsverkehr bei Iran-Geschäften abgewickelt werden, wenn sich private Banken wegen drohender US-Strafen dazu nicht mehr bereit erklären. Instex fungiert also quasi als Schutzschirm für den Handel zwischen Europa und dem Iran.
Nach mehr als einem Jahr der Vorbereitung hat die auf Initiative von Deutschland, Frankreich und Großbritannien durch die EU-Kommission in Brüssel gegründete Gesellschaft Instex (Instrument in Support of Trade Exchanges) als Instrument zur Unterstützung von Handelsaktivitäten mit dem Iran ein erstes Geschäft abgewickelt und die Ausfuhr medizinischer Güter aus Europa in den Iran ermöglicht. Das teilte das Auswärtige Amt am Dienstag vergangener Woche in Berlin mit. Großbritannien, Deutschland und Frankreich haben dem Iran medizinisches Material, einschließlich Ausrüstung für Labortests, Schutzanzüge und Handschuhe in Höhe von 5 Millionen Euro zur Bekämpfung des Coronavirus geschickt. Zugleich erklärte das deutsche Außenministerium, dass der Instex-Handelsmechanismus und sein iranisches Pendant nun an mehr Transaktionen und an der Verbesserung des Systems arbeiten würden.
Allerdings verbindet sich auf EU-Seite mit Instex nicht die Absicht, die breit angelegten US-Sanktionen zu unterlaufen. Denn im Rahmen von Instex kann Iran die Lieferungen aus der EU nicht mit den Erlösen aus Exporten von Öl oder anderen Energieprodukten bezahlen, denn das würde gegen die US-Sanktionen verstoßen. Daher blieben für Iran nur die Erlöse aus dem Export von nicht-Energieprodukten, wie z.B. Erlöse aus der Ausfuhr von iranischen Nüssen in die EU, um den Instex-Handel zu finanzieren. Dadurch ist das Handelsvolumen, das im Rahmen von Instex mit Iran stattfinden kann, von vorn herein auf sehr niedrigem Niveau gedeckelt. Es ist daher eher von symbolischer als von echter wirtschaftlicher Bedeutung.
Allerdings sollte man die symbolische Bedeutung der Instex-Transaktion der EU mit Iran in ihrer Wirkung auf die Allmachtphantasien des US-Regimes nicht unterschätzen. Aus der Sicht Washingtons war daher die jüngste Transaktion eine unverschämte Herausforderung der Europäer, weshalb die rachsüchtigen US-Oligarchen sicherlich schon auf Vergeltung sinnen.
Zugleich sind die bösartigen Kriegsherren in Washington nicht einmal zu einer humanen Geste fähig, um den Menschen im Iran in der Corona-Krise zu helfen. Die USA bräuchten nicht einmal selbst etwas liefern. Es würde genügen, wenn Washington wenigstens zeitweise, für einige Monate, für die Dauer der Seuche, seine Sanktionen gegen Iran aufheben würde. Dann könnten andere Länder und deren Firmen die nötigen medizinischen Hilfsmittel liefern, ohne Angst haben zu müssen, dass sie selbst von US-Strafmaßnahmen getroffenen würden.
Wenn es aber – wie jetzt in der Corona-Krise – darum geht, internationale Solidarität zu zeigen, Menschen zu retten, ohne dabei politische Ziele zu verfolgen, oder Bedingungen an die Hilfe zu knüpfen, dann kommt hinter der Maske der gerne über Humanität und Menschenrechte schwadronierenden Washingtoner Oligarchen die hässliche Fratze des menschenverachtenden US-Regimes zum Vorschein. So hat die Trump-Administration nicht nur die vielen Appelle aus dem In- und US-Ausland, die Sanktionen wenigstens für die Dauer der Krise aufzuheben, kaltherzig ignoriert, sondern sie hat auch weitere Sanktionen gegen die iranische Wirtschaft verhängt. (4)
Dabei beharrt Außenminister Pompeo pompös auf seiner alten Lüge, dass „die Sanktionen dem iranischen Volk nicht schaden“ würden. (5). Und um das im amerikanischen Volk aufkommende Mitgefühl mit den Menschen in Iran im Keim zu ersticken, beschuldigt der teuflische Lügner und ex-CIA-Chef Pompeo den Iran, als „Komplize Chinas“ an der Verbreitung des „Killer-Virus“ beteiligt gewesen zu sein.
Diesbezüglich ist jedoch der hochrangigen Mitarbeiterin des neo-konservativ und zionistisch verseuchten US-Thinktanks „American Enterprise Institute, AEI), Ms. Danielle Pletka, ein Meisterstück der Scheinheiligkeit gelungen. In einem Artikel, der am 25. März dieses Jahres auf der Webseite der einflussreichen AEI-Denkfabrik veröffentlicht worden unter dem Titel: „Es tut uns leid, jetzt ist nicht die Zeit, die Sanktionen gegen den Iran aufzuheben“ (6) zeigt sich Frau Pletka erst recht mitfühlend und vergießt ein paar Krokodilstränen für das arme iranische Volk. Aber dann macht sie eiskalt klar, dass US-Hilfe für die einfachen Menschen in Iran nicht in Frage kommt. Hier folgt Frau Pletka im Originalton:
„Das Coronavirus hat den Iran bisher härter getroffen als die meisten anderen Länder. Die ausgehobenen Grabstätten sind so groß, dass sie (von Satelliten) aus dem All gesehen werden können. Für jeden, der das iranische Volk kennt und sich um das iranische Volk kümmert, ist dies eine Tragödie von massivem Ausmaß. Es ist daher vielleicht nicht verwunderlich, dass die Forderungen nach einer Sanktionsentlastung zunehmen. Aber es gibt einen Unterschied zwischen der Sorge um das iranische Volk und der Sorge um das Regime, und die Aufhebung der Sanktionen wird nur dazu dienen, das System zu stützen, das das iranische Volk weiterhin tyrannisiert.“
Aus den Worten der Frau Pletka spricht derselbe Geist, wie aus denen eines US-Offiziers damals in Vietnam, der einem Journalisten gegenüber erklärt hatte: „Um das Dorf zu retten, mussten wir es zerstören“. (7) Bei solchen Rettern braucht man keine Feinde!
Leider sind die selbsterklärten „Herren des Universums“ in Washington immer noch recht erfolgreich, wenn es um die weltweite Durchsetzung ihrer brutalen Sanktionsmaßnahmen geht. Zwar verstoßen diese Maßnahmen in der Regel nicht nur gegen internationales Recht, sondern sie nehmen nicht selten die Form eines regelrechten Wirtschaftskriegs an. Der aber stellt laut Charta der Vereinten Nationen ein Völkerrechtsverbrechen dar. Und genau wie in den heißen Schießkriegen der USA fallen – wie jetzt z.B. in Iran – hauptsächlich unschuldige Zivilisten den brutalen, wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen Washingtons zum Opfer. Aber das ist den Machthabern in Washington ebenso egal wie das Völkerrecht, denn diesbezüglich lautet ihr Wahlspruch: Legal? Illegal? Scheißegal!
Quellen:
- https://gulfnews.com/world/mena/iran-says-coronavirus-death-toll-nearing-4000-1.1586272690500
- https://mondoweiss.net/2020/03/human-rights-groups-call-on-trump-administration-to-end-iran-sanctions-amid-covid-19-crisis/
- https://news.un.org/en/story/2020/03/1060092
- https://www.state.gov/further-sanctions-on-entities-trading-in-or-transporting-iranian-petrochemicals/
- https://www.theguardian.com/world/2018/nov/04/pompeo-trump-us-sanctions-oil-iran-iranian-people
- https://www.aei.org/op-eds/sorry-now-is-not-the-time-to-lift-sanctions-on-iran/
- http://www.sunday-guardian.com/analysis/we-had-to-destroy-village-in-order-to-save-it.