Umgang mit Russland in „bester deutscher Tradition“!
von Rainer Rupp
erschienen am 04.Dezember 2020 via KenFM
Anfang der Woche hatten die Außenminister der Nordatlantischen Terror Organisation NATO ihr alljährliches Treffen abgehalten, diesmal Corona-konform per Videokonferenz. Im Visier der NATO-Angriffspolitiker haben stets die Länder gestanden, die sich noch nicht aus freien Stücken den Forderungen der westlichen Un-Wertegemeinschaft unterworfen und ihre nationale Souveränität im Interesse der transnationalen Finanzkonzerne aufgegeben haben. Das trifft vor allen anderen auf Russland und China zu. Erwartungsgemäß hat gar direkt zum Beginn der Konferenz NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg den Leitgedanken der westlichen Angriffskrieger explizit in den Vordergrund gerückt, nämlich dass „China und Russland eine steigende Bedrohung für die westliche Allianz darstellen“.
In der Logik der militaristischen Expansionisten ist das nur folgerichtig. Denn wenn man den Russen mit schweren NATO-Waffen immer näher auf den Pelz rückt und auch deutsche Panzer an der estonisch/russischen Grenze nur noch 160 Kilometer von St. Petersburg entfernt den Angriff, — nein, Entschuldigung, — die Verteidigung der Freien Welt üben, dann könnte das russische Militär nervös werden und die friedlichen Bemühungen der westlichen Demokratien für ungezügelte, freie Märkte und Recht auf maximale Ausbeutung missverstehen und militärisch überreagieren. Deshalb muss die Nordatlantische Terror Organisation dringend aufrüsten, um für solche Situationen besser vorbereitet zu sein.
Folglich lautet das Gebot der Konferenz: „Aufrüstung, statt gegenseitige Sicherheit durch Verhandlungen“. Das ist auch voll und ganz die Meinung der deutschen Kriegsministerin Annegret Krampf-Knarrenbauer. Denn auch diese Dame ist von der Vorstellung durchdrungen, dass die unkultivierten russischen Horden aus den Tiefen Sibiriens nur eine Sprache verstehen, nämlich die der Knute. Deshalb meint die Knarrenbauer aus tiefster Überzeugung, dass wir Deutsche „in bester deutscher Tradition“ nur aus „einer Position der Stärke“ mit den Russen verhandeln dürften.
In bester deutscher Tradition nur aus einer Position der Stärke verhandeln? Wem bei diesen Worten aus dem Munde der deutschen Kriegsministerin nicht ein Schauer über den Rücken läuft, der kennt die schlimmsten Tragödien der deutschen Geschichte nicht. Mit diesem Argument, nämlich nur aus einer Position der Stärke den Frieden zu sichern, wurde in Deutschland die Bevölkerung wiederholt hinters Licht geführt, um sie auf den Ersten und den Zweiten Weltkrieg vorzubereitet. Wenn dieses gefährliche Spiel mit dem Untergang im Einklang mit „bester deutscher Tradition“ steht, wie das Frau Knarrenbauer behauptet, dann fällt mir angesichts dieses Menschenverachtenden Zynismus der saarländischen CDU-Dame nur noch der Spruch des Malers Max Liebermann ein, der am 30. Januar 1933 aus gegebenem Anlass gesagt hat „Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“
Um sicher zu stellen, dass niemand glaubt, das unsägliche Zitat der Knarrenbauer sei ein Fake oder aus dem Zusammenhang zitiert, soll hiernach aus dem Protokoll der 194. Sitzung des Deutschen Bundestags, 19. Wahlperiode, in Berlin am Mittwoch, den 25. November 2020 von den Seiten 24467 und 24468 zitiert werden. (Der Internetlink zu dem offiziellen Dokument ist hier)
In dieser Sitzung forderte die FDP-Abgeordnete Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann die Knarrenbauer auf zu erklären, was sie damit gemeint habe, als sie in ihrer Grundsatzrede eine Woche zuvor an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg davon gesprochen hatte, „dass man der Bevölkerung in Deutschland auch unbequeme Wahrheiten darüber, was passiert, zumuten müsse, gerade in Fragen der Sicherheitspolitik“. Sie forderte die Karrenbauer auf, jetzt diese Wahrheiten zu benennen, welche „die Bevölkerung bis dato Ihrer Meinung nach nicht weiß und dringend erfahren sollte“.
Nach einem einleitenden, nichtsagenden Geschwafel von fast knapp hundert Worten wurde Ministerin Knarrenbauer etwas konkreter und sagte: dass
„mit Blick auf die Sicherheitsarchitektur (wir) auf der einen Seite sehen, dass Bedrohungen auch in unserer Nachbarschaft gewachsen sind, und dass wir auf der anderen Seite sehen, dass wir nach wie vor eine hohe Abhängigkeit etwa von den Fähigkeiten der amerikanischen Seite haben. Wer diesen Bedrohungen etwas entgegensetzen will, um aus einer Position der Stärke heraus in alter deutscher Tradition eben auch gute Verhandlungen führen zu können, und das nicht nur mit der amerikanischen Seite tun will, der muss mehr (militärisch) investieren und europäisch mehr tun.“
Daraufhin stellte Dr. Alexander S. Neu von DIE LINKE der AKK eine Frage:
„Frau Ministerin, Sie haben ja gerade die Frage von Geld aufgeworfen. Die europäischen NATO-Mitgliedstaaten geben laut SIPRI etwa 279 Milliarden Dollar für ihre Armeen aus, viermal so viel wie die Russische Föderation und 20 Milliarden Dollar mehr als die Russische Föderation und die Volksrepublik China zusammen. Wievielmal mehr sollen dann eigentlich die europäischen Mitgliedstaaten ausgeben, auch Deutschland, um ein Überlegenheitsgefühl generieren zu können?“
Auf diese Frage antwortete die Knarrenbauer:
„Unabhängig von der Summe, die Sie genannt haben, ist es Fakt, dass die russische Seite massiv in die Modernisierung ihrer Streitkräfte investiert hat, dass sie über neue Waffen verfügt, dass die Bedrohung sehr viel evidenter geworden ist. Ich empfehle dazu Gespräche auch mit den Kollegen aus den baltischen Staaten, aus Schweden, aus Mittel- und aus Osteuropa. Wenn wir aus einer Position der Stärke heraus hier in Verhandlungen – auch in Abrüstungsverhandlungen – kommen wollen, dann müssen wir unsere Position stärken. Auch das war immer eine gute Tradition deutscher Außenpolitik, und das sollte sie für die Zukunft auch bleiben.“
Danach folgt im Protokoll die Anmerkung: „Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Eberhard Brecht [SPD]
Zwei Tage nach dieser unsäglichen AKK-Aussage im Bundestag meldete sich das russische Verteidigungsministerium am 27. November mit einem Kommentar ihres Sprechers Generalmajor Igor Konaschenkow zu Wort. Hier folgt der lesenswerte Text:
„Wir wollten uns nicht mit einer Antwort beeilen, weil wir damit rechneten, dass vernünftig denkende Politiker in Deutschland eingedenk der Ergebnisse, zu denen die Befolgung solcher Aufrufe geführt hatten, die Ministerin selbst berichtigen würden. Leider war dem nicht so.“
„Deswegen müssen wir nicht zum ersten Mal feststellen, dass die Erklärungen einzelner Politiker der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf den Dialogaufbau mit Russland an die Versuche eines Grundschülers erinnern, sein Unwissen im Thema durch die Lautstärke des artikulierten Unsinns auszugleichen“.
„Frau Annegret Kramp-Karrenbauer bekleidet das Amt der Verteidigungsministerin Deutschlands erst seit kürzerer Zeit. Wie auch ihre Vorgängerin demonstriert sie jedoch Unfähigkeit, irgendetwas Bedeutendes für die wirkliche Festigung der Sicherheit in Europa vorzuschlagen.“
„Wir müssen Frau Kramp-Karrenbauer daran erinnern, dass ausgerechnet die neulich von ihr im Bundestag vorgeschlagene ‚gute Position der deutschen Außenpolitik‘, den Dialog ‚aus einer Position der Stärke heraus‘ zu führen, im 20. Jahrhundert mehrmals zu tragischen Folgen für die ganze Welt, für Deutschland und das deutsche Volk geführt hat.“
Nochmals zwei Tage später, am 29. November hat auch die Sprecherin des russischen Außenministeriums Marija Sacharowa zu der Aussage von AKK über den notwendigen Umgang mit Russland Stellung genommen. Dabei ging Frau Sacharowa zunächst auf die von AKK betonte „Abhängigkeit“ der Bundesrepublik von den USA ein. Hier folgt der Text des russischen Außenministeriums:
„Deutschland befindet sich bis jetzt in einer zweifelhaft guten, aber bestimmt sehr interessanten Position – der ‚eines abhängigen Landes im Sicherheitsbereich‘. Das ist bemerkenswerterweise nicht meine Schlussfolgerung. Ich zitiere dabei Annegret selbst, die zugegeben hat, dass die BRD ohne die USA im Militärbereich ganz und gar haltlos ist.“
„Von welcher ‚Position der Stärke‘ kann dann die Rede sein? Gemeint ist offenbar nicht die eigene Stärke. Oder hat Kramp-Karrenbauer die Schlüssel zum Pentagon? Urteilt man danach, wie die US-Botschafter mit ihren deutschen Kollegen sprechen, so stimmt gerade das Gegenteil.“
„Wollen wir die Tatsachen betrachten.“
„Auf dem Territorium Deutschlands ist das (nach Japan) größte US-Auslandskontingent stationiert. Das zeugt von dem Charakter der US-Präsenz in der BRD. Denn in anderen Ländern des europäischen Kontinents gibt es um das Zigfache weniger US-Stützpunkte.“
„Welche Rede kann von einer ‚Stärke der deutschen Außenpolitik‘ sein, da Washington die Bundeskanzlerin abgehört hat, während Berlin lediglich ’stark‘ zurückgelächelt hat?“
„Erst vor kurzem hat Deutschland seine Unzufriedenheit mit den Plänen der USA bekundet, die US-Truppen teilweise in andere Länder zu verlagern. Das ist stark, da kann man nichts sagen.“
„Oder nehmen wir als Beispiel die US-Atomwaffen, die in der BRD lagern. Das mag zwar eine Stärke sein, aber keine eigene. Natürlich lässt man Berlin zu den ‚gemeinsamen Atommissionen‘ der NATO-Mitgliedsstaaten (Nuclear Sharing) zu, aber nur unter Kontrolle, obwohl diese Veranstaltung eigentlich dem Geist und dem Buchstaben des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen widerspricht.“
„Wenn die Stärke da ist, aber nicht deine ist, wenn du sie nicht kontrollieren kannst und wenn man dich nicht über sie verfügen lässt, während du Angst hast, sie einzubüßen, dann ist das ein Anzeichen der Abhängigkeit. Mit einfachen Worten: Die Position ist schwach.“
Da bleibt nur noch anzufügen: Wo die Russen Recht haben, haben sie Recht!