Zum Synonym geworden: Globalisierung und US-amerikanische Militärmacht
von Rainer Rupp
erschienen am 29.Januar 2017 via RT deutsch und KenFM
Das US-Establishment ist entsetzt. Trump droht das globale Geschäftsmodell kaputt zu machen. Die NYT bemüht in einer Dokumentation fadenscheinige Argumente, um zu zeigen, wie viel Nutzen das amerikanische Volk aus Washingtons globalen Militär-Bündnissen ziehe.
von Rainer Rupp.
Im Wahlkampf hatte der neue US-Präsident Donald J. Trump dem damaligen Amtsinhaber Obama immer wieder vorgeworfen, dieser habe weltweit viel zu viel Geld für die militärische Verteidigung der Verbündeten der USA ausgegeben und dafür so gut wie nichts zurückbekommen.
Schlimmer noch: Statt den USA dankbar zu sein und sie für die Kosten ihrer Militäranstrengungen zu kompensieren, hätten die US-Verbündeten die Lage auf Kosten Amerikas ausgenutzt. Statt selbst mehr für ihre eigene Verteidigung auszugeben, hätten sie in ihre zivilen Industrien investiert und deren Produkte anschließend dank der großzügigen US-Zollfreiheit in die USA verkauft.
So hätten die Verbündeten riesige Handelsbilanzüberschüsse auf Kosten des Industriestandorts USA erzielt und viele Millionen guter US-Arbeitsplätze vernichtet.
Diesen Angriff auf den Globalisierungsförderer Obama konnte die New York Times, die sich als Leitorgan der neoliberalen Globalisierung sieht, nicht unbeantwortet hinnehmen. Am 16. Januar 2017, vier Tage vor dem Amtsantritt von Trump, hat das Blatt daher eine auf offiziellen Zahlen basierende Dokumentation veröffentlicht. Damit sollten die Verdienste des scheidenden Präsidenten Obama um die Wohlfahrt und Sicherheit der Globalisierungsprofiteure angemessen gewürdigt werden. Herausgekommen ist dabei allerdings eine entlarvende Darstellung des US-Hegemons.
In der Tat hat die NYT in kondensierter Form eine beeindruckende Präsentation der Art und der Funktionsweise des US-Imperiums vorgelegt. Letztlich geht es darum, wie rabiate Falken – neo-konservative Republikaner und liberale Demokraten – die globale Expansion der US-Großkonzerne und deren grenzenlosen Handel, Investitionen und Kapital- und Profittransfers militärisch absichern. Gleichzeitig schützen sie die US-Vasallen in den Regierungen der jeweiligen Länder und sichern diese in ihren Ämtern ab. Angeblich geschieht das alles zum Wohl der Vereinigten Staaten, tatsächlich aber nur für das oberste eine Prozent und die Verwalter des dort konzentrierten Reichtums.
Die Dokumentation beginnt etwas pompös mit der Erklärung: „Verträge mit mehr als 30 Ländern helfen, in den Regionen Stabilität zu schaffen, die wirtschaftlich und politisch für die Vereinigten Staaten am wichtigsten sind.“ Daran anschließend zeigen Schaubilder jene Länder und Regionen rund um den Globus, „mit denen die USA gegenseitige Verteidigungsverträge haben“.
Andere zeigen die gigantischen Handelsströme zwischen diesen Ländern und den USA. Weitere Schaubilder mit Text zeigen, dass die USA im Ausland dauerhaft mehr als 210.000 Soldaten stationieren müssen, vor allem in den Regionen „aktiver Konflikte“, wenn sie all das, worauf der angebliche US-Wohlstand gründet, beschützen wollen.
In Europa haben die USA rund 80.000 Soldaten sowie die Sechste Flotte mit Sitz in Italien stationiert. Deren Zweck ist es angeblich, „die NATO-Verbündeten zu verteidigen“ und als „Abschreckung gegen Russland“ zu dienen. Im Gegenzug erhalten die USA das Versprechen der NATO-Verbündeten, „die Vereinigten Staaten zu verteidigen“. Zugleich dürfen die USA ihre eigenen Militärbasen in Europa rund um Russland und in der Nähe zum Nahen Osten und zu Afrika unterhalten. Die Kosten dieser Basen werden demnach zu 34 Prozent von den Verbündeten übernommen. All das erlaube es den USA, die EU als größten Handelspartner zu haben und zu halten.
Im Nahen Osten unterhalten die Vereinigten Staaten allein in den Golfstaaten Truppen in einer Stärke von 28.000 Soldaten sowie die Fünfte Flotte mit Sitz in Bahrain, um „den freien Fluss von Öl und Gas zu sichern und zugleich die dortigen Verbündeten gegen den Iran zu verteidigen“. Im Gegenzug erhielten die USA Zugang zu 34 Prozent der weltweiten Ölexporte und 16 Prozent der Erdgasreserven. Außerdem haben sie die Möglichkeit, dort ihre eigenen Militärbasen gegen den Iran zu unterhalten. Deren Kosten würden zu 60 Prozent von den Golfmonarchien getragen.
In Ostasien stehen mehr als 28.000 US-Truppen allein in Südkorea und 45.000 weitere in Japan. Zugleich dient die japanische Hafenstadt Yokosuka der Siebten US-Flotte als Sitz, um „dem Einfluss von China entgegenzuwirken und um die Verbündeten gegen Nordkorea zu stärken“. Im Gegenzug erhielten die USA die Möglichkeit, ihre eigenen „Militärbasen in der Nähe von China und Nordkorea“ zu unterhalten, wobei die Kosten für die Basen von den Alliierten im Ausmaß von 40 Prozent in Südkorea und 75 Prozent in Japan getragen werden. Das erlaube den USA zugleich, die Länder Japan und Südkorea als wichtige Handelspartner zu haben.
In Südostasien schwankt die Zahl der US-Soldaten von Land zu Land erheblich. Gemeinsam mit australischen Soldaten sollen sie Thailand und die Philippinen schützen und für Sicherheit im Pazifik sorgen. In diesem Zusammenhang seien auch „die Militärmanöver mit den Verbündeten zur Sicherung der Freiheit der Schifffahrt im Südchinesischen Meer zu sehen“, durch welches 30 Prozent des Welthandels verlaufen. Im Gegenzug würde den Vereinigten Staaten dadurch die Möglichkeit geboten, einen maritimen Handel im Wert von mehr als fünf Billionen (5000 Milliarden) US-Dollar jährlich zu schützen. Zugleich hätten sie „eine Region erhalten, die den Vereinigten Staaten gegenüber freundlicher gesinnt sind. So sind sie eher in der Lage, sich gegen China zu vereinen“.
Diese treffende Darstellung des US-Imperiums ist keine „Fake News“ eines linken Blättchens, sondern kommt aus der Feder des Organs der US-Großbourgeoisie, die sich ganz und gar der Rechtfertigung der Globalisierung verschrieben hat. Allerdings haben führende Vertreter des US-Establishments auch früher schon auf die Tatsache verwiesen, dass ökonomische Globalisierung und weltumspannende US-Militärmacht eng zusammenhängen.
Ex-US-General Brent Scowcroft, Chef eines internationalen Beratungsunternehmens und ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater von Präsident George H. W. Bush hat z. B. in einer seiner Reden unterstrichen, dass es das das US-amerikanische Kapital ist, das von der neoliberalen Globalisierung am meisten profitiert. Wörtlich sagte Scowcroft weiter:
„Dies ist eine Welt, in der der Kapitalismus gedeihen kann. Seitdem die Vereinigten Staaten die einzige Supermacht sind, sind Globalisierung und amerikanische Macht zu einem Synonym geworden.“
Ein anderes Mal sagte der General a.D., dass die US-Streitkräfte in den meisten Fällen gar nicht erst militärisch intervenieren mussten, um ihre Aufgabe der Absicherung der neoliberalen Globalisierung gerecht zu werden:
„Wo auch immer US-Amerikaner mit anderen Ländern über Investitionsschutz, Marktzugang oder sonst was verhandeln, immer fällt der Schatten der amerikanischen Militärmacht auf den Verhandlungstisch.“
Es sind die Hunderte von US-Militär-Basen, Nachschub- oder Trainingslager in über 130 Ländern, die diesen „Militärschatten“ darstellen. Und der wohl einflussreichste Kommentator der USA, der für die New York Times schreibende Thomas L. Friedmann, prahlte in seinem Kommentar „Manifest für eine schnelle Welt“, dass „der freie Marktkapitalismus und seine Ausbreitung in so gut wie jeden Winkel der Welt … vor allem von der US-Militärmacht abgesichert“ werde.
An dem Tag, da die NATO unter US-Führung ihren Angriffskrieg gegen Jugoslawien begann, schrieb ebendieser Friedmann in der gleichen Zeitung:
„Damit die Globalisierung funktioniert, darf Amerika sich nicht scheuen, als die allmächtige Supermacht zu handeln, die es ist. Die unsichtbare Hand des Marktes wird nie ohne den F-15-Kampfjet von McDonnell-Douglas funktionieren. Und die unsichtbare Faust, die dafür sorgt, dass die Welt für McDonalds-Hamburger und Silicon-Valley-Technologien sicher ist, heißt US-Army, US-Navy, Air Force und Marine Corps.“
Nun ist das US-Establishment aufs höchste alarmiert. Entsetzt verfolgt es, wie der neue Präsident Trump sich anschickt, ihr schönes Geschäftsmodell zu demontieren und mit einem anderen zu ersetzen, das wieder auf mehr US-Isolationismus, Zollschranken und andere Einfuhrbarrieren aufbaut. Bevor sich Trump aber gegen die Übermacht seiner Gegner, auch die in seiner eigenen Partei, durchsetzen kann, wird er aber noch viele harte Kämpfe bestehen müssen.